Deutschland schützt eigenen Wald zu wenig: Global denken, lokal verschleppen

In Bonn wird über weltweiten Waldschutz verhandelt. Doch in ihrem eigenen Land kommen die Deutschen nicht voran.

Ruhe im Wald. Bild: ap

BONN taz Der Schutz von tropischen Regenwäldern ist ein zentrales Thema auf der UN-Artenschutzkonferenz in Bonn. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) drängt hier auf Fortschritte und will mit dem Konzept "Life Web" Naturschutzgebiete weltweit stärken. Ein Bericht der internationalen Waldschutzorganisation Global Forest Coalition (GFC) macht nun darauf aufmerksam, dass Deutschland beim Waldschutz auch vor der eigenen Haustür kehren muss. "Der Druck der Forstindustrie in Deutschland ist gestiegen, die Artenvielfalt gesunken", kritisierte GFC-Mitglied Wolfgang Kuhlmann am Freitag in Bonn.

Die Waldschutzorganisation hat die Schutzstandards in 22 Mitgliedsländern der weltweiten Artenschutzkonvention untersucht. In dem vorgelegten Bericht wird bemängelt, dass die ökologischen Regeln für private Waldbesitzer nicht bindend sind. Deutschland gehöre zu den Ländern, die die Ursachen von Entwaldung nicht ausreichend bekämpften, heißt es im Bericht weiter. Zudem bestünden 27 Prozent des deutschen Waldes aus Monokultur.

Der aktuelle Waldzustandsbericht des Bundes für Umwelt- und Naturschutz bestätigt die Lage: Demnach sind über zwei Drittel des deutschen Waldes sichtbar geschädigt, mehr als ein Viertel davon schwer. Zudem sind laut Bundesumweltministerium 33 Prozent der Tier- und 26 Prozent der heimischen Pflanzenarten bestandsgefährdet.

Ende vergangenen Jahres hat das Bundeskabinett die nationale Biodiversitätsstrategie beschlossen. Demnach soll etwa der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Entwicklung - also ohne Belastung durch die Forstwirtschaft - bis 2020 auf fünf Prozent wachsen. Heute macht die Fläche nur rund ein Prozent aus. Die Forest Coalition hält zehn Prozent für notwendig.

Auf der internationalen Bühne dürfte Deutschland dennoch einen guten Eindruck machen. Gabriel versprach 40 Millionen Euro im Jahr zusätzlich für Schutzflächen, bisher fließen 170 Millionen Euro jährlich. Naturschutzorganisationen wie Greenpeace fordern weit höhere Summen. Demnach müsste allein Deutschland zwei Milliarden Euro jährlich ausgeben.

Auf Gabriels "LifeWeb"-Initiative hin haben sich mehrere Länder gemeldet, die bereit sind, zusätzliche Schutzflächen auszuweisen, darunter Indonesien oder die Demokratische Republik Kongo. Diese sollen durch "LifeWeb" in Kontakt mit möglichen Geldgebern kommen. Weitere Finanziers außer Deutschland haben sich bisher allerdings nicht mit konkreten Summen gemeldet. Womöglich wird der deutsche Vorschlag unter anderem Namen von den Mitgliedstaaten der Artenschutzkonvention übernommen.

MORITZ SCHRÖDER

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.