Chancen für Reformen sinken: Entlassung in Guinea

Langzeitpräsident Conté feuert Reformpremier Lansana Kouyaté. 2007 setzte ein Volksaufstand dessen Ernennung zum Premier durch.

Kouyaté wird in einem parlamentarischen Untersuchungsbericht scharf kritisiert. Bild: rtr

BERLIN taz In Guinea hat einer der letzten Langzeitdiktatoren Afrikas Reformhoffnungen erneut zunichte gemacht. Guineas Präsident Lansana Conté, der das Land seit 1985 autokratisch regiert, entließ am Dienstagabend überraschend den Premierminister Lansana Kouyaté, der eigentlich das Land zu fairen Wahlen führen sollte. Neuer Premierminister ist Ahmed Jidjane Souaré, Bergbauminister von 2004 bis 2006, der aus dem engsten Machtzirkel um den Präsidenten stammt.

Kouyaté, ein ehemaliger UN-Diplomat, war im Februar 2007 Regierungschef von Guinea geworden, nachdem ein von den Gewerkschaften angeführter Volksaufstand gegen Conté blutig niedergeschlagen worden war, um den Preis mehrerer hundert Tote. Die Ernennung Kouyatés war Teil einer Vereinbarung zwischen Regierung und Zivilgesellschaft. Der neue Premier bekam unter anderem das Recht, seine Minister und die Provinzgouverneure des Landes zu ernennen, was früher Conté vorbehalten war. Kouyaté verbesserte Guineas Beziehungen zu den internationalen Geldgebern und eröffnete dem verarmten Land, das ökonomisch vom Export des Aluminiumerzes Bauxit abhängig ist, Möglichkeiten auf neue Auslandshilfen.

Entlassen wurde Kouyaté wenige Tage nach der Veröffentlichung eines explosiven parlamentarischen Untersuchungsberichts, der auch den Premier scharf kritisierte. Dieser habe veranlasst, Einnahmen aus dem Mineralienexport als Sicherheit für Kredite der französischen Bank BNP Paribas zu verwenden, mit denen Guineas Regierung Treibstoffe und Reis bei ohne Ausschreibung designierten Importeuren kaufte. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Importgüter seien nicht zurück in die Staatskasse geflossen. Ferner habe die Regierung bei der First International Bank Kredite zu Wucherkonditionen aufgenommen, um Guineas Baumwollbranche zu sanieren. Die aus Gambia stammende Bank gilt als in korrupte Geschäfte unter anderem in Nigeria verwickelt.

Inwieweit Kouyaté persönlich für das alles verantwortlich ist, bleibt ungeklärt, aber aufgrund des Untersuchungsberichts halten sich Proteste gegen seine Entlassung in Grenzen. Es kam gestern früh nur zu vereinzelten Demonstrationen. Die Gewerkschaften drohen allerdings schon seit einem halben Jahr mit neuen Streiks, weil sich die Lebensbedingungen der Bevölkerung nicht verbessern. Am 8. Mai erneuten die Gewerkschaften ihren Protestaufruf, ohne bereits konkrete Schritte anzukündigen.

Die Chancen auf Reformen dürften mit dem neuen Premier Souaré deutlich sinken. Vorerst hat Präsident Conté, dem immer wieder nachgesagt wird, er liege im Sterben, das Heft wieder in der Hand. DOMINIC JOHNSON

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