US-Provider bremsen Dateitausch aus: Die Konkurrenz ausschalten

In den USA tobt ein Streit zwischen Internet-Anbietern und den Nutzern beliebter Filesharing-Dienste. Forscher konnten nachweisen, dass der ungeliebte Dateitausch gezielt ausgebremst wird.

Einige Internet-Provider legen Datenaustauschdienste wie Bittorrent zeitweise komplett lahm. Bild: sreen: www.bittorrent.com

Was darf ein Provider, was darf er nicht? Bislang galt in den meisten westlichen Ländern das Prinzip der so genannten Netzneutralität: Der Internet-Provider leitet jedweden Datenverkehr durch, den der Nutzer anfordert oder ins Netz schickt - je nach Umfang der verfügbaren, vorher festgelegten Bandbreite, eine Prämisse, die als Grundlage des großen Internet-Erfolgs der letzten Dekade gilt. In den USA ist nun ein großer Streit darüber ausgebrochen, ob Provider die von ihnen oft ungeliebten Dateitauschdienste wie Bittorrent ausbremsen dürfen, um Bandbreite einzusparen oder den Medienkonzernen beizustehen, die sich über die Verbreitung ihrer Filme und Musikstücke über solche Börsen seit langem ärgern.

Die großen Kabel-Internet-Anbieter Comcast und Cox, neben den DSL-Verkäufern AT&T und Verizon die marktführenden Breitband-Provider der USA, gaben gegenüber der zuständigen Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) bislang stets an, Bittorrent und Co. nur im Notfall auszubremsen - etwa, wenn die Bandbreite im eigenen Netz besonders stark ausgelastet ist. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Softwaresysteme in Kaiserslautern und Saarbrücken fand nun aber heraus, dass solche Blockaden in mindestens 30 Prozent der Fälle beim Hochladen von Dateien rund um die Uhr angewendet werden. Dazu testeten die Forscher die Bittorrent-Erreichbarkeit von insgesamt 8.000 Rechnern auf der ganzen Welt mit einer speziellen Software, die im Internet herunterladbar war.

Der Provider Cox veränderte den Bittorrent-Datenverkehr laut der Untersuchung zu bestimmten Nachtzeiten um bis zu 100 Prozent. Dabei wird dieser entweder deutlich verlangsamt oder über so genannte "Reset"-Kommandos zum Erliegen gebracht. Das Ergebnis: Der Nutzer kann kaum Daten an andere User im Internet verteilen, so dass der Dateitausch nahezu unmöglich wird. Comcast wies die Vorwürfe zurück: Man greife nur eingeschränkt ein, um Internet-Staus zu verhindern. Dies sei eine "vernünftige Wahl", um andere Kunden zu schützen. Doch wer sind diese anderen Kunden? Laut Comcast entspricht der Filesharing-Datenverkehr inzwischen bis zu 90 Prozent der genutzten Bandbreite. Bittorrent und Co. sind enorm beliebt - kein Wunder also, dass es zu Beschwerden kommt, obwohl die Provider das Problem vor allem so genannten "Heavy Usern" anlasten, die ohne Unterlass Dateien hochluden und anderen anböten.

Der Streit um das Filesharing hat Experten zufolge mehrere Komponenten. So sorgt der Dateitausch dafür, dass plötzlich auch die so genannten Upload-Bandbreiten ausgenutzt werden - die Nutzer beziehen nicht nur massiv Daten aus dem Netz, sondern laden auch verstärkt hoch. Viele Netze der großen Provider sind darauf aber nicht ausgelegt - sie müssten wieder viel Geld in die Hand nehmen, um die alternde Infrastruktur darauf vorzubereiten. Mit der Blockade des Dateitauschs machen sich die Provider zudem bei Inhalteanbietern beliebt: AT&T, Cox, Comcast und Verizon schnüren in den USA inzwischen Content-Pakete mit TV- und Kino-Inhalten über das Internet, und bei entsprechenden Verhandlungen wird von den Medienkonzernen nicht selten die Forderung erhoben, dem Phänomen Dateitausch endlich ein Ende zu bereiten.

Das Problem: Längst dienen Bittorrent & Co. nicht mehr nur zum Tausch illegalen Materials. Die Dienste eignen sich auch gut zur Distribution völlig legaler Inhalte, aber auch von großen Softwarepaketen wie Linux. Zudem setzen inzwischen auch legitime Dienste auf Filesharing-Ansätze, um Bezahlinhalte zu verteilen und dabei Bandbreite zu sparen - statt zentraler Server verteilen dann die einzelnen Nutzer die Daten im Netz. Auch Telefoniedienste wie Skype verteilen Daten ähnlich wie Filesharing-Anwendungen, leiden unter Umständen ebenfalls an dem praktizierten, so genannten "Bandbreitenmanagement".

In Deutschland blockieren einzelne Provider Filesharing-Dienste ebenfalls, auch wenn das Thema bei der Regulierungsbehörde bislang noch nicht breit diskutiert wurde. Nutzer können dem nur ausweichen, in dem sie sich vor Abschluss eines Vertrages informieren, ob wirklich das gesamte Internet am Breitband-Anschluss zur Verfügung steht.

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