Kommentar Steuerpolitik: Steuersenkungen sind links

Lafontaine hat das Thema für sich entdeckt, jetzt zieht die Union nach: Steuersenkungen für Geringverdiener. Die gemäßigte Linke hat sich das Thema vom Brot nehmen lassen.

So einfach also kann Oskar Politik machen. Ein paar populistische Sprüche hier, ein bisschen Umverteilungsrhetorik da - und schon rennen die Parteien in Scharen dahin, wo sie glauben, dass der Bürger steht. Schönstes Beispiel ist der Brief von Unionsabgeordneten, die mit ausdrücklichem Hinweis auf die Linke nach Steuersenkungen für Normalverdiener rufen. Chapeau, Oskar Lafontaine.

Das ist aber nur die eine Deutung der Steuerdebatte, die derzeit die Republik in Atem hält. Die andere Sichtweise geht so: Kann es sein, dass sich eine gemäßigte Linke, also die verblichene rot-grüne Bundesregierung sowie die Konsolidierungssozialdemokraten aus der aktuellen Koalition, das Thema schlicht haben wegnehmen lassen?

Erinnern wir uns: Erst hat Helmut Kohl den Steuerdschungel 16 Jahre lang weitgehend unangetastet gelassen. Dann setzte Rot-Grün eine Steuerreform durch, die bei den Bürgern vor allem den Eindruck hinterließ, dass Länder und Kommunen von den Unternehmen ausgeplündert würden. Angestoßen wurde diese Reform übrigens von einem Finanzminister namens Oskar Lafontaine. Doch seitdem verstehen viele Bundesbürger unter Steuerreform nur noch Geschenke für Reiche, aber für Otto Normalverdiener springt kein Cent heraus.

Die SPD hat daraus gelernt: Steuern muss man erhöhen, vor allem den Spitzensteuersatz. Dabei können Steuersenkungen doch auch ein linkes Thema sein. Eines, bei dem es um Gerechtigkeit geht. Darf es sein, dass schon kleine Einkommen stark zur Ader gelassen werden? Darf es sein, dass die Steuerprogression Leuten mit einem Einkommen ab 20.000 Euro pro Jahr das Geld aus der Tasche zieht? Dass vermeintliche Spitzenverdiener ein Brutto von rund 4.500 Euro monatlich haben - dass sie also mitten im Mittelstand sitzen? Nein, das sollte es nicht.

Es wird Zeit, dass auch das Hochsteuerland Bundesrepublik zu den fundamentalen Geboten sozialer Gerechtigkeit zurückkehrt: Erstens sollte der Staat den Bürgern so wenig Steuern wie möglich wegnehmen. Und zweitens sollte er starke Schultern mehr tragen lassen als schwache. Was die Steuern für Klein- und Normalverdiener angeht, so müssen diese also runter.

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