Bundesregierung meidet Dalai Lama: Zank über Steinmeiers Tibet-Kurs

Konservative und Grüne zeigen sich empört darüber, dass der Außenminister ein Treffen mit dem Dalai Lama ablehnt. Doch Bundespräsident Köhler verhält sich nicht anders.

"Sehr unglückliche" Entscheidung: Bundesaußenminister Steinmeier Bild: dpa

BERLIN afp/dpa/taz Wenn der Dalai Lama am Donnerstag seine mehrtägige Deutschland-Visite beginnt, fehlt ein wichtiger Programmpunkt in seinem Terminkalender: Ein Treffen ist weder mit dem Staatsoberhaupt noch mit einem Mitglied der Bundesregierung vorgesehen.

Regierungschefin Angela Merkel (CDU), die das geistliche Oberhaupt der Tibeter im September im Kanzleramt empfangen und damit beträchtliche Spannungen im deutsch-chinesischen Verhälnis ausgelöst hatte, weilt in Lateinamerika. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) entschied sich gegen eine Begegnung. Und am Pfingstwochenende hat Bundespräsident Horst Köhler, der höchste Repräsentant des Staates, "aus terminlichen Gründen" abgesagt.

Im Zentrum der Kritik aber steht Steinmeier. Der Europa-Vertreter des Dalai Lama, Tseten Chhoekyapa, beurteilte dessen Entscheidung als "sehr unglücklich". CSU-Chef Erwin Huber merkte an, er habe vom Außenminister "mehr Courage" erwartet. Und der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kritisierte, die Absage könne in China den Eindruck erwecken, "die Menschenrechtsfrage sei doch nicht so ein zentrales Anliegen der Bundesregierung". Auch der Grünen-Politiker Volker Beck befand die Entscheidung als "absolut unangemessen".

In Schutz nahm Steinmeier am Wochenende nur der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich. Die Union instrumentalisiere den Besuch des Dalai Lama, um in der innenpolitischen Debatte zu punkten, so der Vorwurf seinerseits. Es komme schließlich vor allem darauf an, "die Bewegungsspielräume für Tibet zu verbessern", sagte das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. Dies passiere nicht durch ein Treffen mit dem Dalai Lama, sondern "indem man die chinesische Führung davon überzeugt". Das habe Steinmeier getan.

Der Dalai Lama wird bei seiner Deutschland-Visite auf Einladung der Tibet Initiative Deutschland (TID) nun den hessischen Ministerpräsidenten Koch, dessen nordrhein-westfälischen Kollegen Jürgen Rüttgers (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) treffen. In Berlin kommt der Dalai Lama mit Vertretern des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zusammen. Für Montag ist am Brandenburger Tor eine Solidaritätskundgebung geplant, bei der der Dalai Lama sprechen wird.

Auch bei seinem anschließenden Besuch in Großbritannien kommt das geistliche Oberhaupt der Tibeter nicht zu ganz großen politischen Ehren: Der britische Premierminister Gordon Brown wird den Dalai Lama nicht in seinem Regierungssitz treffen, sondern in der Londoner Residenz des Vorsitzenden der anglikanischen Kirche. Der Effekt: Der Dalai Lama wird in seiner religiösen Funktion und nicht in seiner politischen empfangen. SAM

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.