Kolumne: "Berlin braucht doch einen Stadtflughafen"

Drei Tage vor dem Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof: Die ältere Generation, die am Kudamm shoppen geht, läuft mit fliegenden Fahnen zur CDU über

Weiße Blusen, große Sonnenbrillen und Einkaufstaschen, bedruckt mit exklusiven Markennamen. Die ersten Sonnenstrahlen machen den Kudamm vom Adenauerplatz bis zur Gedächtniskirche zur Flaniermeile.

Gegen Mittag hat sich Klaus Liebner eine Auszeit in einer Starbucks-Filiale verdient. Seine Frau ist bereits im nächsten Geschäft verschwunden; den Rentner beschäftigen ganz andere Fragen: "Die Streitereien um den Flughafen Tempelhof regen mich auf", sagt der 63-Jährige und schiebt seine Sonnenbrille ein Stück höher. "Die können doch nicht einfach beschließen, ein Stück Geschichte plattzumachen", schimpft er und versucht, einen Schluck aus seinem bereits leeren Kaffeebecher zu trinken. Schon vor einigen Tagen habe er für den Erhalt des Flughafens gestimmt. Das Thema Tempelhof lässt ihn auch dann noch nicht los, als seine Frau ihn zu weiteren Einkaufstouren abholt. Wild gestikulierend läuft er neben ihr die Straße hinunter.

Eine schwarze Jacke in einem kleinen Schaukasten einige Meter weiter hat es einer schicken Dame mit kurzem weißem Haar angetan. "Nennen Sie mich Barbara", sagt sie, zupft an ihrem roten Ohrring herum und wirkt, als hätte sie sich noch nicht entschieden. Auch wenn es um den Volksentscheid über Tempelhof geht, ist sie unentschlossen. "Einerseits stört es mich, wenn da nur Reiche landen. Aber andererseits braucht eine Stadt wie Berlin auch einen Stadtflughafen." Die Vorschläge, die es bisher zur Nachnutzung gibt, hätten sie nicht überzeugt. "Die sollen den Flughafen bis 2011 offen lassen und sich bis dahin überlegen, was man Vernünftiges damit machen kann. Darüber würde ich gern abstimmen", sagt sie.

Dass das Ergebnis des Volksentscheids vom Senat beachtet wird, glaubt sie nicht. "Wenn die sich deswegen von ihren Plänen abbringen lassen würden, stünden sie ja auch dumm da", findet die ehemalige Sonderschullehrerin aus Schöneberg. Wie sie am Sonntag abstimmt, will sie sich "vor Ort überlegen". Hastig geht sie weiter. Die Jacke in dem Schaukasten hat sie inzwischen offenbar vergessen.

Eine eindeutigere Meinung haben Ursula Schulz und Ingeborg Scheel. Die beiden Rentnerinnen, die sich gerade vor einem Kaufhaus im Schatten eine Verschnaufpause gönnen, wollen den Flughafen auf keinen Fall aufgeben. "Wir sind alte Berliner und verstehen nicht, warum man alles kaputt machen muss. Den Platz dort braucht doch keiner", sagt Frau Schulz. Die beiden 66- und 81-jährigen Damen haben bereits für den Erhalt des Flughafens gestimmt. "Wenn die solche Dinge einfach über unseren Kopf hinweg entscheiden, dann müssen wir etwas tun. Die Regierung soll ruhig mal etwas Gegenwind spüren", sagt Frau Scheel, die Ältere der beiden. Den Gegenwind wollen sie dem Senat nicht nur durch ihre Stimme beim Volksentscheid bereiten, denn eines ist für Ursula Schulz klar: "Ich war nie eine CDU-Wählerin. Aber die SPD kriegt meine Stimme jetzt erst recht nicht mehr."

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