Niedriglohnland Deutschland: Arbeit für lau

In keinem anderen EU-Land stiegen im Jahr 2007 die Arbeitskosten so wenig wie in bei uns. Mehr als jeder fünfte Deutsche arbeitet für einen Niedriglohn.

BERLIN taz Allen Klagen der Wirtschaft zum Trotz: Unternehmer kriegen Arbeit in Deutschland tendenziell billiger. Trotz Aufschwung und Tariferhöhungen in einigen Branchen stiegen die Arbeitskosten in Deutschland im vergangenen Jahr im Durchschnitt nur um 1,0 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag mit. Der Anstieg der Arbeitskosten lag damit deutlich unter der Inflationsrate. Und: In keinem anderen Land der Europäischen Union sind die Arbeitskosten so wenig gestiegen wie in Deutschland. Ursache dafür sind die deutschlandweit nur moderaten Lohnerhöhungen sowie Entlastungen der Unternehmer bei den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung.

In der deutschen Privatwirtschaft zahlten Unternehmer im Jahr 2007 im Durchschnitt 29,10 Euro je Arbeitsstunde, so das Statistische Bundesamt. Im europäischen Vergleich lag Deutschland damit nur noch auf Rang sieben - nach Dänemark, Schweden, Belgien, Luxemburg, Frankreich und den Niederlanden. Die Arbeitskosten setzen sich aus den Bruttolöhnen und den Lohnnebenkosten zusammen, das sind die Ausgaben für die notwendigen sozialen Absicherungen der Arbeitnehmer.

Während die Arbeitskosten in Deutschland nur geringfügig stiegen, erhöhten sie sich in anderen EU-Ländern zum Teil um mehr als 20 Prozent - so in Rumänien, Lettland und Litauen. Dieser hohe prozentuale Anstieg erklärt sich aus der geringen Ausgangsbasis, lagen doch in diesen Ländern die Arbeitskosten unter 5 Euro je Stunde.

Auch innerhalb Deutschlands gibt es erhebliche Unterschiede: So liegen die Arbeitskosten in Ostdeutschland unter dem Westniveau. Und im Verarbeitenden Gewerbe muss mehr gezahlt werden als im Dienstleistungssektor. Diese Spreizung - immerhin eine Differenz von 20 Prozent - sei im internationalen Vergleich sehr hoch, kritisierte DGB-Sprecherin Claudia Falk. "Deutschland wird ein Dumpingland." Verantwortlich dafür seien die Arbeitsmarktreformen, die zu einer Ausweitung des Niedriglohnsektors geführt hätten.

Nach einer Studie des Duisburger Instituts Arbeit und Qualifikation arbeitet schon mehr als jeder fünfte Deutsche für einen Niedriglohn; darunter werden Saläre verstanden, die weniger als zwei Drittel des mittleren Stundenlohns betragen. Seit 1995 ist demnach die Zahl der Niedriglöhner um mehr als 40 Prozent gestiegen. "Wir brauchen eine Reißleine nach unten", fordert DGB-Sprecherin Falk. Dafür kämen sowohl branchenbezogene als auch gesetzliche Mindestlöhne in Frage.

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