Deutschland geizt bei Forschung: Zu wenig Geld für Tropenkrankheiten

Die Bundesregierung gibt nur wenig Geld für die Erforschung neuer Medikamente gegen Armutskrankheiten wie Tuberkulose und Malaria aus. Darunter leiden vor allem Patienten in Entwicklungsländern.

Zuwenig Geld im Kampf gegen Malaria kommt aus Deutschland findet man bei Ärzte ohne Grenzen. Bild: dpa

Es war die Zeit der warmen Worte auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach den Kranken der Welt schnelle Hilfe. Reiche Länder würden dauerhaft den Kampf gegen Tropenkrankheiten wie Malaria und Tuberkulose unterstützen, hieß es in der Abschlusserklärung des Gipfels der acht reichsten Länder.

Doch der Ankündigung folgten nach einer Untersuchung der Organisation Ärzte ohne Grenzen hierzulande nur wenige Taten: Kaum ein Industriestaat investiert so wenig Geld in die Erforschung von Tropenkrankheiten wie Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Studie, für die Ärzte ohne Grenzen mehr als 90 deutsche Forschungsprojekte und weitere Fördermaßnahmen des Bundes analysiert hat, die sich mit Armutskrankheiten wie Tuberkulose (Tbc) beschäftigen. Mit jährlich 1,7 Millionen Toten ist Tbc die tödlichste von ihnen. "Die Bundesrepublik gibt nur ein Siebtel des Beitrages für die Tbc-Forschung aus, der ihrer Wirtschaftskraft angemessen wäre", sagt Oliver Moldenhauer von Ärzte ohne Grenzen: 7,5 Millionen Euro war der Bundesregierung 2007 die Erforschung von Tbc-Medikamenten wert. "63 Millionen Euro wären im internationalen Vergleich angemessen gewesen", sagt Moldenhauer. Das zuständige Forschungsministerium wollte die Zahlen am Dienstag nicht kommentieren. "Wir müssen die Zahlen erst mal prüfen", hieß es auf Nachfrage der taz.

Auch bei anderen Erkrankungen wie Malaria, der Schlafkrankheit und verschieden Wurmerkrankungen stellt die öffentliche Hand nur sehr wenig Forschungsgelder zur Verfügung. Der Forschungsbedarf ist hingegen riesig: Eine Milliarde Menschen - ein Sechstel der Menschheit - leidet an Tropenkrankheiten, für die es heute oft nur veraltete oder gar keine Medikamente gibt. Seit Jahrzehnten werde zu wenig Geld investiert, um diese Armutskrankheiten zu erforschen, warnt Stefan Kaufmann, Direktor des Max-Planck-Institutes für Infektionsbiologie in Berlin. "Nur 10 Prozent der Aufwendungen für Gesundheit fließen in Krankheiten, unter denen 90 Prozent der Menschen leiden", sagt Kaufmann.

Gängige Tbc-Medikamente sind 50 Jahre alt und verursachen massive Nebenwirkungen. "Patienten müssen bis zu 20 Tabletten pro Tag einnehmen, die zu Taubheit, Blindheit und Depressionen führen können", sagt die Ärztin Frauke Jochims, die weltweit Tbc-Patienten für Ärzte ohne Grenzen behandelt. Nur knapp 60 Prozent der Erkrankten werden geheilt, weil die Verbreitung multiresistenter Tbc-Erreger zunimmt.

Mehr Geld für die Stärkung der Gesundheitssysteme armer Länder sei bereits eingeplant, erklärte das Entwicklungsministerium auf Nachfrage der taz. "Die Bundesregierung hat dafür die Mittel von 300 Millionen jährlich auf 500 Millionen Euro erhöht", sagte ein Ministeriumssprecher der taz. Ein eigenständiges Forschungsprogramm für die Erforschung typischer Tropenkrankheiten wird damit jedoch nicht finanziert.

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