Gefechte als riskanter Vorwahlkampf: Hutu-Rebellen gegen Hutu-Regierung

Was wie der unerledigte Rest eines jahrelangen Friedensprozesses in Burundi aussieht, ist eigentlich der erste Akt eines riskanten Vorwahlkampfs.

Sollen die Regierung als unfähig darstellen: FNL-Rebellen in Burundi Bild: ap

Die neuen Kämpfe in Burundi zwischen Hutu-Rebellen und der Armee sind schwerer als zunächst gemeldet. Mindestens 26 Menschen wurden bei Kämpfen im Norden und Westen des Landes inzwischen getötet. Am Freitag war zunächst von Angriffen auf Burundis Hauptstadt Bujumbura in der Vornacht mit mehreren Toten die Rede gewesen.

In Burundi war 2005 mit freien Wahlen ein Bürgerkrieg zwischen der einst Tutsi-dominierten Armee und Hutu-Rebellen zu Ende gegangen, der 300.000 Tote gefordert hatte. Bei den Wahlen siegte die wichtigste Hutu-Rebellenbewegung CNDD-FDD (Nationalkomitee zur Verteidigung der Demokratie /Kräfte zur Verteidigung der Demokratie). Ihr Militärführer Pierre Nkurunziza wurde Staatschef mit einem Tutsi-Vize. Das diesen Wahlen zugrundeliegende Friedensabkommen aus dem Jahr 2000 schreibt die Quotierung öffentlicher Ämter vor: 60 Prozent Hutu, 40 Prozent Tutsi.

Aber von Stabilität blieb Burundi danach weit entfernt. Eine andere Hutu-Rebellenbewegung, die Palipehutu-FNL (Partei zur Befreiung des Hutu-Volkes / Nationale Befreiungsfront), die mit ruandischen Hutu-Milizen zusammenarbeitet, kämpfte weiter. Sie schloss zwar im September 2006 mit der Regierung einen Waffenstillstand, aber kein Friedensabkommen, und im Juli 2007 brach die FNL-Führung alle Gespräche ab und ging zurück in den Busch.

Die regierende CNDD-FDD selbst spaltete sich. Ihr eigentlicher starker Mann und Parteichef Hussein Radjabu, ein reicher muslimischer Geschäftsmann, verstand sich ab 2005 als Vorgesetzter des Staatschefs Nkurunziza. Dieser, ein wiedergeborener Christ, der seine Freizeit vor allem mit Fußball verbringt, sorgte allerdings im April 2007 dafür, dass Radjabu wegen angeblicher Umsturzplanungen verhaftet wurde. Die CNDD-FDD-Fraktion im Parlament spaltete sich in zwei fast genau gleich große Teile, womit die Regierung ihre Mehrheit einbüßte. Am 3. April 2008 wurde Radjabu zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Die Lage wird vollends verworren dadurch, dass mindestens zwei andere wichtige Hutu-Parteien gegen Nkurunziza agitieren. Es formiert sich ein erbitterter Machtkampf zwischen rivalisierenden Hutu-Parteien in Vorbereitung der nächsten Wahlen 2010. Dann nämlich wird die heutige Hutu-Tutsi-Quotierungsregelung von 2005 nicht mehr gelten - sie steht nur im Friedensabkommen, das die Wahlen von 2005 regelte, nicht aber in der damals angenommenen neuen Verfassung. Darin ist lediglich festgeschrieben, dass jede Partei Anspruch auf Regierungsbeteiligung hat, die über mehr als 5 Prozent der Parlamentssitze verfügt.

Die Hutu-Rivalen der Regierung stehen nun im Verdacht, die FNL-Rebellen aufzurüsten, um die CNDD-FDD-Regierung als unfähig darzustellen und ihre eigenen Wahlchancen zu erhöhen. Es ist eine Vorwahlstrategie mit hohem Risiko. Denn wenn sie funktioniert und Burundi vor den nächsten Wahlen immer instabiler wird, könnte sich die jahrzehntelang regierende Tutsi-Militärelite veranlasst fühlen, einzugreifen. Sie hatte ihre Macht mit den Wahlen 2005 eingebüßt. Schon einmal, 1993, hatte sie Burundis erstes demokratisches Experiment vorzeitig abgebrochen.

Die FNL hat nach Angaben aus Bujumbura in jüngster Zeit neue Waffen erhalten. Und schon am 14. März klagten Burundis fünf führende Menschenrechtsgruppen in einer gemeinsamen Erklärung: "Täglich wird von Tötungen, bewaffneten Überfällen, Vergewaltigungen und diversen Gewaltakten im ganzen Land berichtet. Fast alle Ermittlungen verlaufen im Sand."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.