Volkes Stimme zu Tempelhof (3): vor der Humboldt-Uni: "Uns kann das völlig wurst sein"

Fünf Tage vor dem Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof: Studierende entwickeln Theorien, weshalb man dafür stimmen sollte, wenn man dagegen ist.

Fünf Tage vor dem Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof: Studierende entwickeln Theorien, weshalb man dafür stimmen sollte, wenn man dagegen ist

Zettel fliegen durch die Luft. Studierende rennen eilig ein und aus. Vor dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität herrscht reges Treiben. Man könnte denken, die Studis wären viel zu beschäftigt, um über das Volksbegehren über den Flughafen Tempelhof am kommenden Sonntag nachzudenken. Hört man genauer hin, so bestätigt sich aber das Gegenteil. "Ich will, dass der Flughafen bleibt", sagt der 21-jährige Jurastudent Christopher Steingraeber. "Er ist für mich ein Wahrzeichen Berlins. Schließlich hat der Flughafen die Stadt zur Zeit der Luftbrücke am Leben erhalten." Steingraeber will auf jeden Fall für den Erhalt stimmen.

Er ist nicht der einzige HU-Student, der an diesem späten Vormittag zum Thema Tempelhof sofort eine Meinung hat. "Ich gehe zur Abstimmung und werde gegen den Erhalt des Flughafens stimmen", erklärt der 22-jährige Geschichts- und Philosophiestudent Christian Hausner überzeugt. Zusammen mit zwei Kommilitonen sitzt er auf einer Bank im Eingangsbereich der Uni. Nostalgie ist für ihn kein Grund. "Für mich zählen hier nur wirtschaftliche Argumente", erklärt der aus Bayern stammende Student weiter. Der geschichtliche Hintergrund und die nostalgischen Gefühle, die manche Bürger mit dem Flughafen verbinden, interessieren ihn weniger.

Sein Kommilitone Bastian Orygalla hat seine eigene Theorie zum Volksbegehren. Er glaubt nicht, dass der Berliner Senat die Meinung der Bürger berücksichtigen wird. "Deshalb kann es uns auch völlig wurst sein, was mit dem Flughafen passiert." Er will aber an der Abstimmung teilnehmen und für den Erhalt des Flughafens stimmen, erzählt er - obwohl er eigentlich dagegen ist. Mit seiner Stimme will er das Volksbegehren unterstützen. Sollte die Regierung trotzdem die Meinung der Bürger ignorieren, "können die Leute nämlich endlich mal sehen, dass wir hier keine richtige Demokratie haben", ergänzt er. Seine beiden Kumpels stimmen zu.

Steven Langer, der Dritte im Bunde, will nicht, dass der Flughafen Tempelhof verschwindet. "Er gehört doch einfach zu Berlin", meint der Student der Bibliothekswissenschaften und Geschichte. Seine Kommilitonen schauen erstaunt. Das Problem: Steven darf nicht mit abstimmen, weil er nicht in Berlin gemeldet ist. Dass das Volksbegehren Eindruck auf die Regierung machen wird, glaubt er aber auch nicht.

Die drei Studenten diskutieren weiter. So "wurst", wie sie sagen, ist ihnen der Flughafen offenbar doch nicht.

MICHELLE ZIEGELMANN

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.