FC Bayern vs. Borussia Dortmund: "Berlin, was wollt ihr in Berlin!?"

Beim Pokalfinale in Berlin trifft eine der traurigsten Truppen der Liga auf den FC Bayern: Borussia Dortmund.

Mit Pfiffen Richtung Berlin verabschiedet: Dortmunds Dede (l.) und Jakub Blaszczykowski Bild: ap

Der angedrohte Boykott der BVB-Fans blieb am Mittwochabend zunächst aus. Mit wohlwollendem Applaus empfing ein Großteil der 61.000 im Westfalenstadion die Mannschaft von Borussia Dortmund. Wenn sie geahnt hätten, was auf sie zukommen sollte, hätten sie vermutlich weniger sensibel reagiert. Ihre Mannschaft knüpfte gegen Hannover 96 nahtlos an die Leistung bei der desaströsen 0:5-Niederlage in München an. 1:3 hieß es am Ende.

Die Mannschaft wurde mit gellenden Pfiffen Richtung Berlin verabschiedet. Selbst dem sonst so hyperaktiven Stadionsprecher Norbert Dickel, seines Zeichens BVB-Pokalheld des Jahres 1989, brach die Stimme weg. Die Vorfreude auf das Pokalfinale gegen den FC Bayern sinkt selbst bei den loyalsten Anhängern minütlich. "Berlin, Berlin, was wollt ihr in Berlin!?", schallte es durchs Stadion. Vereinzelte BVB-Fans boten nach Spielende ihre Finalkarten zum Verkauf an.

"Die Mannschaft hat das München-Spiel noch nicht verarbeitet", suchte Dortmunds Trainer Thomas Doll hinterher verzweifelt nach einer Erklärung für die unterirdische Leistung. "Wir liegen am Boden." Angreifer Alex Frei scheint die Worte verstanden zu haben: "Jeder im BVB-Trikot ist bereit, Geschichte zu schreiben." Das Problem: Geschichte wird in der Regel von Siegern geschrieben.

Der Höhepunkt der sportlichen Krise kommt zur Unzeit. 19 Jahre nach dem letzten Pokalsieg hofften sie in Dortmund, endlich wieder an große Zeiten anknüpfen zu können. Damals leitete der 4:1-Erfolg gegen Werder Bremen die erfolgreichste Dekade des BVB ein - mit drei Meisterschaften und dem Gewinn der Champions League. Danach geriet der Verein sportlich wie finanziell auf die schiefe Bahn. Seitdem läuft der Spielbetrieb vor allem unter dem Stichwort "Konsolidierung" weiter. Die führte in die sportliche Stagnation, was im Umfeld gar nicht gut ankam.

Als Bert van Marwijk Niederlän vor vier Jahren Trainer wurde hatte der Verein keine wirkliche Zukunft. Der Niederländer etablierte die Mannschaft schließlich im Mittelfeld der Bundesliga. Als weitere Fortschritte ausblieben, musste er gehen. Interimsnachfolger Jürgen Röber ging es vor einem Jahr ähnlich. Unter Thomas Doll sollte der Blick nun Richtung internationale Wettbewerbe gehen. Daran werde sich auch Doll messen lassen müssen, sagte Präsident Reinhard Rauball kürzlich. Durch das Erreichen des Pokalfinales ist die Teilnahme im Uefa-Cup gesichert. Doch die Rechnung der Verantwortlichen war wohl eine andere. "Wenn ich auf die Tabelle schaue, bekomme ich Depressionen", sagt Rauball. Bei einer Niederlage in Berlin könnte es für Doll das letzte Spiel als BVB-Trainer gewesen sein.

In der Liga reicht es momentan gerade mal zum 13. Platz. Mit 53 Gegentoren stellen die Dortmunder da die untauglichste Defensive. Nur das chronische Schwächeln der Konkurrenz bewahrte den BVB bislang davor, sich ernsthaft mit dem Klassenerhalt beschäftigen zu müssen. Die Fans haben sich längst vom Bundesligaalltag emanzipiert. Die Kulisse gegen Hannover war die niedrigste der laufenden Saison. Seit dem Halbfinalerfolg gegen den Zweitligisten Carl Zeiss Jena träumen sie in Dortmund nur noch vom Finale in Berlin. Mehr als 200.000 Kartenwünsche gingen beim Verein ein. Etwa 50.000 Fans werden den BVB nach Berlin begleiten. Aus Liebe zum Verein, nicht zur Mannschaft.

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