Furcht vor sinkenden Preisen: Bauern drohen mit Milchstreik

32.000 deutsche Milchviehhalter stimmen darüber ab, ob sie den Milchhahn zudrehen. Sie befürchten stark sinkende Milchpreise. Denn der Wettbewerb im Einzelhandel ist groß.

"Wir gießen die Milch lieber weg, als den Preisverfall weiter mitzumachen." Bild: dpa

Sie meinen es wohl tatsächlich ernst. "Wir gießen die Milch lieber weg, als den Preisverfall weiter mitzumachen", kündigte Ludwig Soeken vom Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) in Niedersachsen letzte Woche an. Und wie er denken viele: 32.000 Milchbauern sind im BDM organisiert, sie melken ein gutes Drittel der in Deutschland verkauften Milch. Und gerade stimmen sie darüber ab, ob sie den Milchhahn für unbestimmte Zeit zudrehen. Ein Ergebnis gibt es noch nicht - fest steht aber jedenfalls, dass sie für ihr Produkt einen höheren Preis durchsetzen wollen.

Dabei ist der im Moment vergleichsweise hoch. Weniger als 30 Cent zahlten die Molkereien den Bauern noch vor einem Jahr pro Kilogramm Milch, heute sind es bis zu 41 Cent. Nach BDM-Rechnungen können die Bauern derzeit für 40 Cent pro Kilogramm kostendeckend produzieren. Doch der Verband sagt, dass Diesel und Futter schon wieder teurer würden - und gleichzeitig der Milch-Erzeugerpreis ins Rutschen gerät. Deshalb wollen sie ihn nach ihren Worten "stabilisieren". Bei 43 Cent pro Kilogramm.

Schuld an der Furcht vor erneutem Preisverfall ist vor allem der Wettbewerb auf dem deutschen Lebensmittelmarkt. Von der Kuh bis zum Kühlschrank wird die Milch mindestens drei Mal verkauft: Vom Bauern an die Molkerei. Von der Molkerei an die Supermärkte. Von den Supermärkten an die Verbraucher. Der Wettbewerb ist hart, aber keiner will schuld sein an Milchpreisen, die in vergangenen Jahren manchmal unter den Produktionskosten lagen. Michael Brandl von der deutschen Milchindustrie, sagt, er habe Verständnis für die Bauern. Dennoch meint er: "Man kann den Markt aber eben nicht aushebeln, sondern muss sich darauf einstellen."

Die Molkereien sitzen an einer Schlüsselstelle der Milchkette. Sie handeln mit den Supermarktketten Lieferverträge aus, in denen auch Preise festgesetzt werden. Und sie kaufen Milch von den Bauern. Viele Milchviehhalter fürchten, dass die Molkereien den Supermärkten gerade wieder billigere Preise anbieten - und sie am Ende darunter leiden.

Warum sie das tun könnten, ist aber auch unter den Bauern umstritten. Die Molkereien sind zum Teil Genossenschaften. Manche werfen ihnen vor, sich freiwillig gegenseitig zu unterbieten. Bauernverbands-Sprecher Michael Lohse aber glaubt an "Epressung durch Aldi, Lidl und Co".

Das will der Einzelhandel wiederum nicht auf sich sitzen lassen. Dessen Verbandssprecher Hubertus Pellengahr sagt, dass in Deutschland die Verbraucher entscheiden, ob sie teure oder billige Milch kaufen. Und verspricht außerdem, dass es keine leeren Milchregale geben wird, denn man könne ja auch im Ausland einkaufen.

Für den Bundesverband Deutscher Milchviehhalter ist aber klar: Es handelt sich um einen "Systemfehler", wie BDM-Sprecherin Christa Weiß meint. "Die Bauern kriegen immer nur das, was übrigbleibt."

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