Kommentar Biosprit: Falsches Motiv, richtiges Ergebnis

Der ADAC hat jetzt geschafft was Umweltschützer nicht vermochten: Den Biosprit auszubremsen. Ein Glück - nun kann die Regierung ihre Strategie nochmal überdenken.

Wer hätte gedacht, dass man dem ADAC noch mal dankbar sein müsste. Seit Monaten laufen Umweltschützer Sturm gegen die Biospritpläne der Europäischen Union und der Bundesregierung. Sie fürchten, dass sich die eigentlich als Klimaretter gedachten nachwachsenden Rohstoffe ohne effektive Kontrollen als Klimakiller entpuppen könnten. Und in der Tat zeigen alle Studien, dass Soja- oder Ölpalmenplantagen auf abgeholzten Regenwaldflächen ebenso wie intensiv gedüngte Monokulturen hierzulande das Problem des Klimawandels nicht mildern, sondern verstärken.

Von diesen berechtigten Einwänden hat sich Umweltminister Sigmar Gabriel bisher nicht beeindrucken lassen. Gegen andere emissionsmindernde Regeln im Verkehrsbereich, etwa Tempolimits oder strengere Obergrenzen für den Verbrauch, gibt es starken Widerstand. Darum hält die Bundesregierung am Biosprit fest - in der Hoffnung, dass es eines Tages international verbindliche Umweltstandards für die Produktion nachwachsender Rohstoffe geben wird.

Um die Haltung der großen Koalition zu ändern, musste erst der ADAC kommen. Aus Angst vor der Wut von zwei bis drei Millionen Autofahrern, die künftig etwas mehr fürs Tanken bezahlen müssten, weil ihre älteren Wagen keinen Biosprit vertragen, will Gabriel nun offenbar nachgeben.

Dass sich ein Umweltminister von der Lobbymacht der Autofahrer stärker beeindrucken lässt als von den Argumenten der Umweltschützer, ist zwar traurig. Doch auch wenn er aus den falschen Gründen einlenkt - das Ergebnis stimmt: Es wird nicht so schnell so viel mehr Biosprit erzeugt werden wie bisher geplant.

Diese Denkpause sollte die Regierung nutzen, um ihre Strategie insgesamt zu überdenken. Wenn Biomasse nicht als Ersatz für andere Maßnahmen, sondern zusätzlich eingesetzt wird, kann sie einen sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dafür müssen aber die Kriterien für den Anbau verbindlich festgelegt und muss die Effizienz des Einsatzes jeweils genau geprüft werden. Die umgekehrte Reihenfolge - erst mal verordnen und die Konsequenzen abwarten - kann nicht nur für alte Autos schlimme Folgen haben.

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Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

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