Israelischer Unternehmer plant: Die Invasion der Elektroautos

500.000 Ladestationen für Elektroautos: Ein israelischer Unternehmer will sein Heimatland vom Öl unabhängig machen. Weltfremde Spinnereien - oder realistisches Vorhaben?

Jetzt nur nicht vorne und hinten verwechseln: Elektroauto von Nissan. Bild: dpa

Shai Agassi träumt. Von einer besseren Welt. Von einem Land, in dem Elektroautos fahren. Von sauberem Strom und einer Revolution der Autoindustrie. Aber Shai Agassi wäre nicht Shai Agassi, wenn er nur träumen würde: Seit ein paar Monaten arbeitet der gebürtige Israeli, der früher Vorsitzender des Software-Herstellers SAP in Deutschland war, hartnäckig an seinem neuen Unternehmen "Project Better Place".

Hinter dem Namen verbirgt sich ein ehrgeiziges Ziel: Shai Agassi will ganz Israel mit einem landesweiten Netz von Ladestationen für Elektroautos überziehen. Sein Ziel: Weg vom Öl, hin zu regenerativen Energien. 500.000 Strom-Tankstellen sollen im ganzen Land installiert werden, an denen die Akkus der Elektroautos aufgeladen oder auch ausgetauscht werden können - sollte die Ladezeit zu lange dauern.

Das ehrgeizige Projekt hat auch den israelischen Präsidenten überzeugt: Shimon Peres und auch die israelische Regierung unter Ehud Olmert unterstützen Agassis Unternehmen - und schaffen dadurch die nötigen Voraussetzungen für eine Massenvermarktung: Israel kündigt großzügige Steuererleichterungen für die Kunden an, Renault und Nissan liefern die Autos. Und Project Better Place entwickelt, installiert und betreibt das Netz der Ladestationen.

Aber wie glaubwürdig ist er, der Traum von Shai Agassi? "Ich denke, das ist ein durchaus realistisches Projekt", sagt Andreas Manthey. Der Diplom-Ingenieur ist Vorstand des Bundesverbandes Solare Mobilität (bsm) und hat bereits selbst mehrere Elektroautos gebaut. "Shai Agassi hat das schon durchdacht", sagt er. Die Vorteile von Elektroautos liegen laut Andreas Manthey auf der Hand: Benzin- oder Diesel-Fahrzeuge nutzen bislang nur rund 10-20 Prozent der tatsächlich im Kraftstoff enthaltenen Energie. Ein Elektroauto braucht dagegen nur ein Fünftel der Energie eines Autos mit Verbrennungsmotor, also umgerechnet 1-1,5 Liter pro 100 km.

Doch bisher hat sich diese Technologie noch nicht durchgesetzt. Das liegt unter anderem an der bisher niedrigen Kapazität der Akkus. Derzeitige Elektroautos haben eine relativ geringe Reichweite und müssen bereits nach rund 50-100 Kilometern neu geladen werden. Weite Strecken kann man damit also noch nicht zurücklegen. "Aber mal ehrlich", sagt Andreas Manthey: "Wo sollte man denn in Israel weite Strecken fahren?"

Das kleine Land am Mittelmeer ist daher geradezu prädestiniert für das Projekt von Shai Agassi: Kurze Wege, viel Sonne - und eine starke Abhängigkeit vom Öl. Denn: "Öl ist das größte Problem aller Zeiten", sagt Shimon Peres. "Es ist der große Verschmutzer und der Grund für den Terror. Wir sollten es loswerden."

Ab 2011 sollen die ersten Elektromobile verkauft werden - gemeinsam mit einem Vertrag, der dem Kunden das Recht gibt, an den Ladestationen Strom zu kaufen. Das Prinzip, das hinter Agassis Idee steckt, ist ähnlich wie bei einem Handy-Vertrag: Der Kunde bekommt das Elektroauto kostengünstig oder gar umsonst, dafür zahlt er eine monatliche Grundgebühr und kann sein Auto an einer der Strom-Tankstellen aufladen. Für den Verbraucher wäre das um einiges günstiger als bisher: Nach Agassis System ließen sich die Elektroautos schon für sieben US-Cent pro 100 Meilen auftanken - ein Traum für jeden Autofahrer.

Um so mehr kostet es allerdings, die Infrastruktur für Agassis Vorhaben aufzubauen: Die Kosten des gesamten Projekts werden auf rund eine Milliarde Dollar geschätzt - und noch einmal rund 5 Milliarden Dollar müssten in neue Solaranlagen in Israel investiert werden.

200 Millionen Euro hat Shai Agassi seit Oktober bereits gesammelt. Geldgeber waren unter anderem die Investmentbank Morgan Stanley oder der kanadische Unternehmer Edgar Bronfman Senior. Allein die israelische Holding Israel Corp investierte 100 Millionen Dollar in Agassis Projekt.

Wenn das Unternehmen in Israel erfolgreich ist, soll es auch auf andere Länder übertragen werden - als nächstes sei Dänemark an der Reihe, so Agassi. Außerdem sei Project Better Place bereits mit rund einem Dutzend weiteren Regierungen in Verhandlung. Wer das ist, bleibt allerdings geheim. Auch in Deutschland wirbt Agassi für sein Projekt - unter anderem will er EON und die deutsche Bank dafür gewinnen.

Bis Shai Agassis Traum auch hier wahr werden könnte, dürfte es allerdings noch eine gute Weile dauern. Bislang setzen Automobilhersteller wie Toyota oder auch Porsche eher auf eine Kombination von Elektro- und Benzin-Antrieb - also auf Hybrid-Autos statt auf reine Elektromobile.

Andreas Manthey hätte allerdings noch eine andere Idee. Zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie hat der bsm im letzten Jahr eine Studie erarbeitet: "Wenn man alle Kleinwagen mit Elektromotoren ausstatten würde, aus allen Mittelklassewagen einen Plug-In-Hybrid machen würde und alle Oberklassewagen gleich blieben", sagt er, "dann könnten wir den Benzinverbrauch in Deutschland bereits um 60 Prozent reduzieren."

Der Stromverbrauch würde im Gegenzug nur um 10% steigen. "Das ist ungefähr der Strom, den die Leute verbrauchen, wenn sie bei "Wetten-Dass" in der Pause aufs Klo gehen oder die Kaffeemaschine einschalten."

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