Dosenfleisch als Namensgeber: Happy Birthday, Spam!

Vor 15 Jahren prägte ein Amerikaner im Nachrichtenetz Usenet einen Begriff für unerwünschte Werbebotschaften, in dem er sich von Monty Python inspirieren ließ: Spam.

"Spam, lovely Spam" rufen die Wikinger im Monty Python-Spot - und meinen damit nicht Spam-Mails, sondern US-Dosenfleisch. Bild: screenshot spam.com

Joel Furr hat dieser Tage einiges zu tun. Der Software-Trainer aus Virginia erhält aus der ganzen Welt Medienanfragen, weil er vor ziemlich genau anderthalb Jahrzehnten als Internet-Pionier ein Wort einführte, das sich bis heute für eines der nervigsten Online-Phänomene gehalten hat: "Spam" als Inbegriff unerwünschter Online-Massenbotschaften.

Einen Grund für fröhliche Geburtstagsfeierlichkeiten sieht der Amerikaner allerdings nicht: "Ich bevorzuge Beileid", sagte er dem britischen Sender BBC. Und damit hat der Netz-Veteran recht: Trotz aller technischer Gegenmaßnahmen, ständig optimierter, intelligenter Filtersysteme und hochgerüsteter Anti-Spam-Abwehrserver ist das Müllmail-Problem stets schlimmer geworden, betrifft Hunderte Millionen Nutzer und nimmt enorme Ressourcen in Anspruch. Und Experten glauben nicht, dass sich das so bald ändern wird: Es bleibe beim allgemeinen Wettrüsten zwischen Spammern und IT-Sicherheitsfirmen, noch immer seien die Müllmails schlicht zu lukrativ.

Als Furr im Frühjahr 1993 auf die Idee mit dem Spam kam, war Reklame für Viagra und Co allerdings noch kein Thema. Anfangs wurde der Begriff, der sich aus einem Monty Python-Sketch herleitete, in dem eine Gruppe Vikinger den Namen einer US-Dosenfleischsorte ständig wiederholte, für Beiträge im Diskussions-Netzwerk Usenet verwendet, die Benutzer aus Faulheit in zahlreiche Nachrichtengruppen stellten, um überall Gehör zu finden.

Erst ein gutes Jahr später fiel einem Anwaltsbüro aus Arizona ein, dass man das Usenet doch auch für Reklame nutzen könnte - sie warben für Unterstützung bei der "Greencard"-Lotterie für Einwanderungserlaubnisse in die USA, was auch heute noch ein gerne genommenes Spam-Thema ist. Furrs Begriff wurde schnell auch für diese Art der Massenpostings angewendet und schließlich auch auf E-Mails übertragen. Doch in diesen frühen Tagen des Netzes konnte man wenigstens noch zurückschlagen: Spam im Usenet ließ sich technisch zurückziehen ("canceln"), was angesichts der geringen Menge damals tatsächlich oft gemacht wurde. Von solchen Möglichkeiten können Spam-geplagte E-Mail-Nutzer heutzutage nur träumen, längst machen Müllmails 90 und mehr Prozent der täglich verschickten elektronischen Post aus.

Noch immer ist das Internet-Pionierland USA hauptsächlicher Ausgangspunkt von Spam, jedenfalls nach den letzten vorliegenden Zahlen des Anti-Virus-Unternehmens Sophos aus dem vierten Quartal 2007. Doch Russland, China und auch Brasilien holen schnell auf. Die Art der Spam-Verteilung ist längst enorm ausgetüftelt: Statt einen eigenen, möglicherweise rückverfolgbaren Server zu mieten, bedienen sich Spammer heutzutage gerne so genannter "Botnetze", die aus virenbefallenen PCs bestehen, die sich von Kriminellen fernsteuern und zu jeder beliebigen Schandtat nutzen lassen. Und als ob das nicht genug ist, werden gerne Absenderadressen gefälscht, sodass die Fehlermeldungen, die der Spammer mit seinen Mails produziert, gleich haufenweise an Unschuldige gehen.

Spam existiert vor allem deshalb noch immer, weil er funktioniert: Es gibt in der Masse der Internet-Benutzer stets eine geringe Prozentzahl, die auf derlei Angebote für überteuerte Büromöbel, Penisverlängerungen, gefälschte Diplome oder Medikamente aus dunklen Kanälen hereinfallen. Hinzu kommen per E-Mail verteilte Viren und Würmer, die regelmäßig angeklickt werden, so genannte Phishing-Mails, mit denen der Zugriff auf Konten erschwindelt werden soll und andere betrügerische Absichten. Wie zum Beispiel nigerianische Bettelmails und gefälschte Lotteriegewinnbenachrichtigungen.

Produzenten von Anti-Spam-Software müssen ihre Lösungen stets neu anpassen, denn die Spammer reagieren stets mit neuen Strategien. Zuletzt waren sogar Spam-Mails mit Ton-Anhängen unterwegs, die ihre Werbebotschaft mit einer Roboterstimme vorlasen. Wer seinen Filter nicht ständig auf dem Laufenden hält, muss damit rechnen, von der nächsten Spamwelle erfasst zu werden. Spam-Erfinder Furr ärgert sich, dass die Müllmails inzwischen auch seinen alten Online-Lieblingsspielplatz, das Usenet, überrollt haben. "Es gibt heute viele Gruppen, die unbenutzbar geworden sind."

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