Sendeanlagen in Afghanistan: Taliban sprengen Funkloch

In Afghanistan nehmen Anschläge auf Sendeanlagen zu. Gerade die Funkmaste der Handy-Betreiber greifen die Taliban an. Sie fordern ein nächtliches Abschalten des Netzes.

Auch der Funkmast der Telekom wurde in Kabul Ziel von Anschlägen der Taliban-Kämpfer Bild: dpa

BERLIN taz In der Nacht auf Mittwoch ist in Afghanistan bereits der sechste Mobilfunksendemast in diesem Jahr zerstört worden. Fünf Bewaffnete steckten die Anlage des Betreibers Ariba im Distrikt Obeh in der westlichen Provinz Herat in Brand, sagte ein örtlicher Polizeisprecher.

Es war bereits der dritte Anschlag auf Ariba. Mindestens sechs Sendeanlagen in Afghanistan sind bei bisher zehn Angriffen völlig zerstört worden, seitdem die Taliban Ende Februar von den vier afghanischen Mobilfunkbetreibern ultimativ die nächtliche Abschaltung ihrer Funknetze verlangten. Dies war damit begründet worden, dass US- und Nato-Truppen mittels der Funksignale Talibankämpfer lokalisieren würden. Unklar bleibt allerdings, warum die Taliban nicht einfach ihre Telefone abschalten, um der Ortung zu entgehen.

Die meisten Angriffe auf Sendeanlagen erfolgen im Süden, wo die Taliban am aktivsten sind. In sechs südlichen Provinzen, darunter Helmand, Sabul, Kandahar und Ghasni, schalten inzwischen nachts wie von den Taliban gewünscht die Betreiber die Mobilfunknetze ab, berichtete jetzt die BBC. In Ghasni geschehe dies zwischen 17 und 7 Uhr. "Wir sind besorgt, weil die Mobilfunkbetreiber uns versprochen hatten, sich nicht dem Druck der Taliban zu beugen", bestätigt der Sprecher des Ministeriums für Telekommunikation, Abdul Hadi Hadi. Die Telekomfirmen wollten sich dazu nicht äußern.

Beim Sturz der Taliban Ende 2001 verfügte Afghanistan nur über wenige tausend Telefonanschlüsse eines völlig veralteten Festnetzsystems. Mobilfunk wurde in dem Land erst ab 2003 aufgebaut. Heute sind die Mobilfunkfirmen einer der wenigen prosperierenden legalen Unternehmen und die beliebte Handykommunikation ein sichtbares Zeichen der Modernisierung.

Auch die internationalen Truppen stören den Mobilfunk. So ist ein Teil der Nato-Fahrzeuge mit Sendern ausgestattet, die Funksignale in der Umgebung stören. Das soll verhindern, dass Aufständische per Handy am Straßenrand versteckte Sprengsätze zünden können.

Die Angriffe auf Funkanlagen sind nur ein Zeichen für die gewachsene Stärke der Taliban. Laut einem am Montag in New York vorgelegten UN-Bericht sind inzwischen 36 von 364 afghanischen Distrikten für Regierungsbeamte und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen nicht mehr zugänglich. Laut dem Bericht forderte der Krieg in Afghanistan 2007 mehr als 8.000 Tote. 160 Selbstmordanschläge habe es gegeben, weitere 68 seien vereitelt worden. 2006 waren es erst jeweils 123 und 17.

Eine Statistik der Nato zählt für Januar und Februar 2008 bereits 595 bewaffnete Zusammenstöße zwischen den internationalen Truppen und den Taliban gegenüber 550 im Vorjahreszeitraum. Allerdings seien jetzt nur 88 Distrikte betroffen gegenüber 101 im Jahr 2007. Die Nato wertet dies als Zeichen des Erfolgs. Die Taliban hätten Distrikte verlassen müssen. Am Donnerstag starben mindestens sechs Zivilisten bei einem Selbstmordanschlag auf einen US-Konvoi auf der Hauptstraße, die zum Flughafen von Kabul führt.

SVEN HANSEN

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