Nationale Wissenschaftsakademie: Bund und Länder einigen sich

Nach jahrzehntelangem Streit haben sich Bund und Länder auf eine Nationale Wissenschaftsakademie geeinigt. Die jährlichen Kostenträgt zu 80 Prozent der Bund.

DRESDEN taz Deutschland bekommt nach fast zwei Jahrzehnten Debatte eine Nationale Akademie der Wissenschaften. Die Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern billigte am Montag das Konzept der Naturforscher-Akademie Leopoldina in Halle, die mit der Wahrnehmung nationaler Aufgaben betraut wird. "Damit kann sich Deutschland mit der "Royal Society" oder der "Académie des Sciences" messen, sagte Leopoldina-Präsident Professor Volker ter Meulen der taz.

Als die beiden zentralen Aufgaben benannte der Würzburger Virologe die internationale Repräsentanz und die Politikberatung in großen Zukunftsfragen, bei der es in Deutschland ein Defizit gebe. Die jährlichen Kosten der Akademie von 4 Millionen Euro trägt zu 80 Prozent der Bund, den Rest die Länder. Über die Einrichtung einer nationalen Wissenschaftsakademie wird mindestens seit dem Jahr 1989 diskutiert. Jürgen Rüttgers, heute CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, regte damals eine übergeordnete Gelehrtengesellschaft an. Die Bundeskanzler Kohl und Schröder unterstützten das Vorhaben. Die Akademie der Wissenschaften der DDR war 1990 mit dem Beitritt zur Bundesrepublik untergegangen.

"Eine nationale Akademie buhlt nicht um Fördergelder für die Forschung, sondern agiert unabhängig", betont Präsident ter Meulen die Sonderrolle der Akademie gegenüber anderen Wissenschaftsorganisationen.

2004 rang sich der Wissenschaftsrat dazu durch, sozusagen ein Konkurrenzgremium zu sich selbst zu empfehlen. Die Allianz der großen Wissenschaftsorganisationen, darunter die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die Max-Planck-Gesellschaft, speiste ihre Zustimmung zum Projekt aus einer gewissen Distanz zu den Akademien der Bundesländer, die als verstaubt und regional befangen gelten. Von der Akademieunion, dem Zusammenschluss von sieben Länderakademien, kam prompt der größte Widerstand. Im Juli 2004 stellte sie das alternative Modell eines Forschungsrates vor, der die föderale Basis beibehält, die Leopoldina und die Akademie der Technikwissenschaften acatech aber einbezieht. Zwei Jahre zuvor hatte Dieter Simon, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, eine Nationale Akademie ins künftige Berliner Schloss holen wollen. Doch Bundesforschungsministerin Annette Schavan, der langen Debatte überdrüssig, übertrug im November 2007 der Leopoldina die Aufgaben einer Nationalakademie. Der Begriff der Akademie geht auf einen dem Heros Akademos geweihten Platz nahe dem alten Athen zurück, wo Plato seine Lehrvorträge hielt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begann die moderne Akademiegeschichte. Unabhängig von Theologie und Staatsrecht förderten Landesherren freie Gelehrtenvereinigungen. Die 1652 gegründete Leopoldina war zudem die erste naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrtengesellschaft der Welt. Seit 1878 hat sie ihren Sitz in Halle. Ihr gehören weltweit 1.280 Mitglieder an, darunter 33 Nobelpreisträger. MICHAEL BARTSCH

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