EU-Mission im Kosovo: Berater mit Vetorecht

Die neue Polizei- und Justizmission Eulex soll weitreichende Vollmachten im Umgang mit dem Kosovo bekommen. Aber sie kann auch ein bürokratisches Monstrum werden.

Ein Marktplatz in Prishtina: Wenige Tage vor der Unabhängigkeitserklärung. Bild: dpa

PRISHTINA taz Das verspiegelte Gebäude der EU-Mission in Kosovos Hauptstadt erstrahlt in schönstem Europablau. Auf einem Hügel über dem Botschaftsviertel thronend und nahe dem Hauptquartier der KFOR-Truppen gelegen, setzt es ein kleines Glanzlicht im tristen Prishtina.

Noch stehen die Räume fast leer. In der Nacht zum Samstag erst sollte von Brüssel grünes Licht gegeben werden. Im Vorfeld rangelten 27 Staaten um Einfluss, Posten und politische Ausrichtung der Mission, davon einige skeptisch oder ablehnend gegenüber einer Anerkennung der Unabhängigkeit Kosovos. Und auch die UN, deren Mission durch die Behörde der EU ersetzt werden soll, hat wegen der Blockadehaltung Russlands im Weltsicherheitsrat in den letzten Wochen sehr vorsichtig agiert.

Noch vor Monaten war es für Alexander Ivanko, dem Sprecher der UN-Mission im Kosovo, klar, dass die EU-Mission die der UN problemlos ablösen könnte. Jetzt ist nicht einmal mehr sicher, ob die UN nicht sogar mit einem kleinen Kontingent über die ohnehin vereinbarten drei Monate hinaus im Kosovo bleiben wird. Die Zukunft der OSZE im Kosovo ist unsicher: Russland möchte, dass sie das Land verlässt. Nur der Status der KFOR-Truppen bleibt unbestritten.

Die Mission der EU soll auf drei Säulen stehen. Die politisch führende Behörde heißt IOC/EUSR. Dahinter verbirgt sich der umständliche Titel "International Civilian Office / European Union Special Representative". Das "International" deutet auf transatlantische Strukturen: Die USA sollen den Vizeposten besetzen. In Gestalt des niederländischen Diplomaten Pieter Feith, langjähriger Berater von EU-Chefdiplomat Javier Solana, leitet aber ein Europäer die Behörde mit 275 Mitarbeitern.

Die zweite Säule der Mission besteht aus der operationellen Einheit Eulex mit rund 1.900 Mitarbeitern, vor allem Polizisten, Zollbeamten und juristischen Beratern, alle aus europäischen Ländern. Sie sollen beim Aufbau des Staates aktiv mitarbeiten. Schon in den letzten Tagen trafen neue Polizisten ein. Die juristischen Berater sollen dem Justizsystem auf die Sprünge helfen. Drittens besteht die Mission aus einem Verbindungsbüro zur EU-Kommission mit 80 Mitarbeitern, das hilft, langfristige Reformen zu planen und durchzusetzen.

Wie die drei Säulen zusammenarbeiten sollen, ist noch nicht erprobt. Nach einschlägigen Erfahrungen in Bosnien sind Reibungsverluste zu befürchten. Denn jede dieser Säulen wird über kurz oder lang Eigeninteressen anmelden. Manche Insider befürchten, es könnte ein bürokratisches Monstrum entstehen - und nicht die versprochene schlanke Administration.

Im Gegensatz zur umständlich agierenden UN-Mission, die ja bisher im Kosovo Regierungsgewalt hatte, sollen die drei EU-Säulen vor allem beratende Funktion haben. Das Zivilbüro IOC und damit der Missionschef Feith werden die Umsetzung des Ahtisaari-Planes überwachen. So kann der Sondergesandte der EU gegenüber Kosovos Regierung Zähne zeigen wie der Hohe Repräsentant in Bosnien und Herzegowina. Er kann Beschlüsse der Kosovo-Regierung kassieren, Ermittlungen wegen Korruption oder organisierter Kriminalität anstoßen und sogar hochrangige Kosovo-Beamte absetzen.

Im Zentrum des Ahtisaari-Planes stehen die Rechte der Minderheiten des Kosovo und damit vor allem der Serben. Die aber lehnen die EU-Mission grundsätzlich ab. Eine EU, die Kosovo von Serbien abtrennen will, sei kein Partner, erklärte Serbiens Ministerpräsidenten Koðtunica. Und die serbischen Gemeinden im Kosovo haben sich dieser Meinung angeschlossen. Wie die Mission im von Serben bewohnten Norden Kosovos agieren will - man will ja ein Büro in Nordmitrovica einrichten -, ist also unsicher.

Die albanische Bevölkerung steht der Mission erst einmal grundsätzlich positiv gegenüber. Denn sie sieht darin erste Hilfen für den Aufbau des neuen Staates und sogar einen ersten Schritt hin zur Integration in die Staatengemeinschaft. Doch schon gibt es leise Stimmen in der neuen Regierung, die der Begrenzung ihrer Souveränität kritisch gegenüberstehen.

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