Robert-Koch-Institut warnt: Rekordzahlen bei Norovirus

Der Norovirus, der zu Magen-Darm-Erkrankungen führt, befällt so viele Menschen wie nie. Bei älteren Betroffenen kann die Virusinfektion tödlich verlaufen.

Ein Impfstoff gegen den Norovirus wurde noch nicht entwickelt. Bild: dpa

BERLIN taz | Nach zwei Tagen Übelkeit, Durchfall und schwallartigem Erbrechen ist der Spuk in der Regel vorbei. Diesen Winter hat es besonders viele Menschen erwischt. Mehr als 133.000 Infektionen mit dem Auslöser der Magen-Darm-Grippe, dem Norovirus, hat das Robert-Koch-Institut (RKI) bis Anfang Februar registriert. Seit im Jahr 2001 die Meldepflicht für Noroinfektionen eingeführt wurde, ist das eine neuer Rekordwert.

Im Vergleich zur Saison 2006/2007 sind das mehr als doppelt so viele. Und die Norosaison ist noch nicht zu Ende. Bis in den März hinein ist noch mit erhöhter Infektionsgefahr zu rechnen. Auch in den anderen europäischen Staaten und in Nordamerika registrierten die Gesundheitsbehörden diesen Winter eine drastische Zunahme der Noroinfektionen.

Noroviren sind weltweit verbreitet. Sie wurden erst 1972 entdeckt, nachdem es einige Jahre zuvor in der amerikanischen Stadt Norwalk, Ohio, zu einer Masseninfektion kam. Die nur 40 Nanometer großen Noroviren, die in zahlreiche Untergruppen eingeteilt werden, zeichnen sich durch eine große genetische Vielfalt aus. Bisher sind rund 50 verschiedene Stämme bekannt, von denen aber nicht alle Gesundheitsbeschwerden bei Menschen auslösen. Die hohe Variabilität der Viren ist auch mit ein Grund dafür, dass noch kein Impfstoff dagegen entwickelt werden konnte. Auch ist noch kein Verfahren entwickelt worden, um den Virus in Zellkulturen zu halten.

Noroinfektionen können das Jahr über auftreten, wobei ein saisonaler Gipfel in den Monaten Oktober bis März zu beobachten ist, heißt es in einem Merkblatt der RKI. Die Noroviren gehören neben den Rotaviren zu den Hauptverursachern von viralen Magen-Darm-Erkrankungen. Nach Angaben des RKI sind vor allem Kinder unter fünf Jahren und ältere Personen über 70 Jahren besonders häufig betroffen.

Die ersten Krankheitssymptome treten etwa sechs bis 50 Stunden nach der Infektion auf. Den Infizierten plagen dann Durchfall und Übelkeit, Bauch- und Muskelschmerzen. Hinzu kommt eine allgemeine Mattigkeit. Es müssen jedoch nicht alle Symptome auftreten.

Normalerweise ist eine Noroifektion "nur" unangenehm und man muss abwarten, bis sie nach etwa 48 Stunden wieder abklingt. Medikamente, die die Viren vernichten, stehen nicht zur Verfügung. Für ältere Patienten oder durch Krankheit geschwächte Personen kann eine Noroinfektion aber auch tödlich enden. Insbesondere der erhebliche Flüssigkeits- und Elektrolytverlust kann zu ernsthaften Folgen bei den Patienten führen. In der Wintersaison 2006/2007 starben in Deutschland 52 Infizierte. Die meisten waren älter als 80 Jahre. In diesem Jahr hat das RKI bisher 26 Tote registriert.

Die Übertragung der Viren erfolgt zumeist über den Stuhl oder Erbrochenes. Auch winzig kleine Tröpfchen, die beim Erbrechen entstehen, tragen zur Ausbreitung der Viren bei. Aber auch mit einem Händeschütteln zur Begrüßung kann man sich den Virus einfangen.

Die Viren sind hochinfektiös. Zudem sind sie sehr widerstandsfähig gegenüber Desinfektionsmitteln und Umwelteinflüssen. Aufgrund ihrer Robustheit sind kontaminierte Oberflächen in der Toilette oder im Bad auch über längere Zeit infektiös. Gesundheitsexperten empfehlen daher, strikt Hygienemaßnahmen einzuhalten: häufiges Händewaschen, Toiletten, Waschbecken und Türgriffe desinfizieren. Zur Reinigung genutzte Putzlappen sollen entweder sofort entsorgt oder möglichst heiß gewaschen werden. Wäsche sollte in einem geschlossenen Behälter gesammelt und auch bei möglichst hohen Temperaturen in der Waschmaschine gereinigt werden.

Durch das schnelle Ausbreitungsvermögen der Viren sind vor allem Menschen gefährdet, die sich in Gemeinschaftseinrichtungen aufhalten, zum Beispiel in Krankenhäusern, Kindergärten sowie Alten- und Pflegeheimen. In zahlreichen Einrichtungen hatte der Norovirus in den letzten Monaten Infektionsalarm ausgelöst. Kindergärten wurden vorübergehend geschlossen, in einigen Kliniken und Heimen wurden gar wegen der Noroviren Besuchsverbote angeordnet. Erst nachdem keine Krankheitssymptome mehr auftraten und die Krankenhäuser und Heime gründlich desinfiziert worden waren, wurden die Maßnahmen wieder aufgehoben.

Für Schlagzeilen sorgten auch mehrere Masseninfektionen auf großen Kreuzfahrtschiffen. Betroffen war unter anderem der Luxusliner "Queen Elisabeth 2" mit 2.000 Urlaubern und 1.000 Besatzungsmitgliedern. Mehr als 300 Personen hatten sich auf dem Schiff infiziert. Die Besatzung hatte große Schwierigkeiten, die Infektionen einzudämmen.

Auf dem weltweit größten Passagierschiff, der "Freedom of Seas", grassierte der Norovirus innerhalb von zwei Wochen sogar zweimal hintereinander. Das besonders Heimtückische am Norovirus ist, dass Infizierte den Virus noch lange Zeit mit dem Stuhl ausscheiden können. In einigen Fällen sogar noch Wochen nachdem die Krankheitssymptome wieder verschwunden sind.

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