Maisanbau in Mexiko: Genmanipulation am Herzen der Kultur

Im Mutterland des Maises haben Monsanto und Co Einfluss gewonnen. Jetzt könnte das Gen-Anbauverbot fallen.

Den Mexikanern ist der Mais besonders heilig. Bild: dpa

MEXIKO-STADT taz Vor 5.000 Jahren kultivierten Menschen irgendwo im heutigen Mexiko das Wildgras teocintle und züchteten so den ersten Mais. Er gilt allen indigenen Völkern Mexikos als heilig und ist das Herz der mexikanischen Kultur: Erst durch ihn wurde es möglich, größere Mengen Menschen zu ernähren. Bis heute ist er Hauptnahrungsmittel für den größten Teil der Bevölkerung. Nun könnte er durch genetisch veränderten Mais verdrängt werden. Umweltschützer und Kleinbauern befürchten, dass die Aussaat von Genmais in diesem Jahr erlaubt wird.

Seit 1998 ist es in Mexiko verboten, genetisch veränderten Mais anzubauen. Schon 2001 allerdings entdeckten Biologen von der kalifornischen Universität Berkeley in den Maispflanzen von Kleinbauern in ländlichen Gegenden Merkmale von Genpflanzen. Woher die Genmanipulationen stammten, war kein großes Rätsel: Im Rahmen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) dürfen die USA seit 1994 Mais nach Mexiko einführen, ohne ihn zu kennzeichnen. Rund 60 Prozent davon ist genetisch verändert. Weil die Kleinbauern traditionell mit eigenen und zugekauften Samen experimentieren, war es nur eine Frage der Zeit, bis er den Weg in die Umwelt fand.

Ein Zufall war die Auskreuzung aber nicht, meint Silvia Ribeiro von der Organisation ETC-Group: "Die mexikanische Regierung ist für den Anbau von Genmais." Es gebe Hinweise, dass der US-Konzern Monsanto, der die Rechte an 88 Prozent aller genetisch veränderten Pflanzen hält, Abgeordnete vor Abstimmungen bezahlt habe. Jedenfalls sei der mexikanische Staat über Jahre hinweg untätig geblieben, obwohl selbst die Nafta-Umweltkommission empfahl, Mais nur noch gemahlen nach Mexiko zu importieren.

Stattdessen beschloss das mexikanische Parlament 2005 sogar ein "Gesetz zu Biosicherheit und genveränderten Pflanzen", das die Bevölkerung "Monsanto-Gesetz" nennt, weil es die Aussaat von Genmais auf Versuchsfeldern erlaubt. Bislang ist es Umweltverbänden gelungen, die Umsetzung zu verhindern.

Der Knackpunkt sind die noch nicht veröffentlichten Ausführungsbestimmungen des Gesetzes. Diese sollen klären, wo genau der Ursprungsort des Maises ist. Hier darf kein Genmais ausgebracht werden. Die Frage sei aber kaum eindeutig zu klären, sagt Aleira Lara von Greenpeace Mexiko: "In Mexiko gibt es über 40 Maissorten und Tausende regionaler Varietäten, die alle an unterschiedlichen Orten entstanden sind." Das ganze Land müsse geschützt werden.

Umweltschützer, Kleinbauernverbände und indigene Organisationen haben sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Jetzt warten sie auf die Ausführungsbestimmungen. Sie glauben, dass die Regierung sich direkt vor der anstehenden Aussaat erklären wird - "damit wenig Zeit für Widerstand bleibt".

Dass der nötig ist, daran hat Ribeiro keine Zweifel: "Konzerne wie Monsanto können nicht akzeptieren, dass wir Mexikaner einfach keinen Genmais wollen." Versuchsfelder seien nicht nur der erste Schritt zu einer Legalisierung, sondern auch eine bewusste Strategie der Konzerne, den Mais gegen den Willen der Bevölkerung zu verbreiten: "Wenn er einmal da ist, gibt es keinen Grund mehr, ihn zu verbieten."

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