WIE SIND WIR DENN DRAUF?
: Liebe auf UmWWWegen

Etwa 3,5 Millionen Menschen leben in Berlin, trotzdem ist knapp jede oder jeder dritte Single. Kein Wunder also, dass sich dieses Paradox aus Auswahl und Einsamkeit immer öfter digital Bahn bricht: per Partnersuche übers Internet. Während viele zu schüchtern sind, andere auf der Straße anzusprechen, ist das Anlegen eines Profils bei Partnersuchen mit Foto, Vorlieben und Körpermaßen scheinbar kein Problem. Bislang konnte ich als junger, aber allein lebender Mensch den Gedanken daran, früher oder später auch mal bei solchen Portalen zu landen, recht erfolgreich von mir schieben. Aber in letzter Zeit komme ich um das Thema kaum noch herum. Schuld daran sind meine Freunde und – wer sonst? – Facebook.

„XY gefällt Spotted“, heißt es auf immer mehr Profilen. „Spotted“ heißen Seiten auf Facebook, die Privatleute für verschiedenste Orte, an denen Menschen sich begegnen, eingerichtet haben: So gibt es eine Spotted-Seite für die FU ebenso wie fürs Berghain. Wer jemanden an einem solchen Ort gesehen und für interessant befunden, sich aber nicht getraut hat, ihn oder sie anzusprechen, kann auf den „Spotted“-Seiten eine Suchanzeige platzieren. Anonym veröffentlicht, besteht dank der Community Hoffnung auf das Finden der beschriebenen Person – öffentlich, versteht sich. So wird Stalking zur Auftragsarbeit.

Das ist, je nach Anzeige, allerdings mal mehr und mal weniger erfolgreich: „Suche dich, bezaubernde junge Dame, die mir letztens so verschmitzt an der Ausgabe der Linsensuppe in der Mensa zulächelte“, ist zwar vom Ort her durchaus eindeutig, aber welches Mädchen würde sich nicht gerne als bezaubernde junge Dame beschrieben wissen? Nicht ausgeschlossen also, dass es zu Verwechslungen kommt – und Unschuldige, ja vielleicht sogar schon Verpartnerte auf einmal öffentlich als Partner oder Partnerin vorgeschlagen werden.

Um derartigen Komplikationen vorzubeugen, hilft nur der Mut in der realen Welt. Und den Adrenalinstoß, wenn man erfolgreich eine Telefonnummer ergattert oder ein Date vereinbart, gibt es sowieso nur im Analogen. KLAAS-WILHELM BRANDENBURG