Limbach über Richter-Nominierungen: "Unselige Geheimniskrämerei"

Die Ex-Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, kritisiert die Nominierung zweier neuer Richter durch die SPD. Mindestens ein Posten solle an eine Frau gehen.

"Ich habe Leutheusser-Schnarrenberger vorgeschlagen": Jutta Limbach Bild: dpa

taz: Frau Limbach, die SPD habe keine geeigneten Juristinnen für das Verfassungsgericht gefunden, heißt es. Kann das sein?

Jutta Limbach: Nein. In dieser Generation sind nicht üppig viele, aber dafür einige ganz besondere Juristinnen, die durchaus in der Diskussion waren. Ursula Nelles etwa, die Rektorin der Universität Münster, und ich habe Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vorgeschlagen

die FDP-Mitglied ist und damit in der falschen Partei.

Aber es kommt doch darauf an, ob jemand ein sozialliberales Rechtsverständnis hat, und nicht auf das Parteibuch!

Das Auswahlgremium bestand aus Fraktionschef Peter Struck, Justizministerin Brigitte Zypries und dem Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen. Sehen die nicht, dass drei Frauen unter 16 RichterInnen kein ganz glückliches Verhältnis ist?

Das kann ich mir kaum vorstellen. Peter Struck und Jens Böhrnsen waren sehr offen für die vorgeschlagenen Kandidatinnen.

Frau Zypries ist schuld?

Das weiß ich nicht. Ich vermute aber, dass Frau Zypries gegen einzelne Vorgeschlagene Bedenken hatte.

Hatte man das Thema Frauen stärker im Bewusstsein, als Sie 1993 ins Bundesverfassungsgericht berufen wurden?

Ja. Damals waren gerade die Arbeiten der Verfassungskommission abgeschlossen, bei der wir uns sehr stark mit Frauenthemen beschäftigt hatten. Der von der SPD ausgeguckte Jürgen Schmude hat von sich aus gesagt: Ich verzichte für Jutta Limbach.

Ist das heute anders?

Rhetorisch und abstrakt denken alle egalitär. Aber konkret sieht es dann doch anders aus. Man unterstellt Frauen grundsätzlich, sie wären nur wegen ihres Geschlechtes in höheren Positionen gelandet. Wer an Frauen denkt, denkt automatisch an Quoten, obwohl es gar keine gibt.

Sollte Horst Dreier nun auch verzichten wie Herr Schmulde?

Man kann das nicht parallel sehen. Das Kind liegt bereits im Brunnen, es ist zu spät für einen solchen Schritt.

Sollte das Verfahren der Richterauswahl geändert werden, damit die Entscheidungskriterien transparenter werden?

Ja. Solch eine wichtige Frage sollte ganz offen im Bundestag diskutiert werden. Und dabei sollten mehrere KandidatInnen zur Debatte stehen. Aber diese Entscheidung ist offenbar noch nicht einmal in der SPD-Fraktion diskutiert worden. So entsteht eine unselige Geheimniskrämerei.

INTERVIEW HEIDE OESTREICH

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