SPD-Innenpolitiker Edathy: "Einer Regierungschefin nicht würdig"

Angela Merkel unterstützt das ausländerfeindliche Treiben von Roland Koch, sagt SPD-Innenpolitiker Edathy.

Auslöser für Koalitionskrach in Berlin. Bild: ap

taz: Herr Edathy, was ist los in der Koalition? Der Fraktionschef der SPD greift mit "Leck mich"-Zitaten die Union an …

Sebastian Edathy: Peter Struck hat vollkommen recht, seinen Unmut über die beschämende und hetzerische Kampagne der Union auszudrücken. Wenn man, wie Roland Koch, den Brunnen vergiftet, darf man sich anschließend nicht über die Wasserqualität beschweren. Wobei das Verhalten Kochs nicht das einzige Problem ist.

Was meinen Sie damit?

Ich bin fassungslos darüber, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich dem ausländerfeindlich geprägten Treiben des hessischen Ministerpräsidenten nicht etwa in den Weg stellt, sondern ihn auch noch unterstützt. So ein Verhalten ist einer deutschen Regierungschefin nicht würdig.

Wahrscheinlich wollte die Kanzlerin wie viele im Land die Ängste der Menschen aufnehmen.

Man muss Ängste ernst nehmen, das ist doch klar. Dazu gehört auch die Furcht der Menschen vor Gewalt. Aber hier wird etwas ganz anderes gemacht, nämlich Ängste instrumentalisiert. Keiner der angeblichen Lösungvorschläge hat irgendetwas mit der Realität zu tun. Hier werden gezielt Ängste in der Bevölkerung geschürt, um so Stimmen für Landtagswahlen zu gewinnen. Es spricht nicht für die Charakterstärke der Bundeskanzlerin, dass sie dabei mitmacht.

Angela Merkel hat immerhin den Integrationsgipfel ins Leben gerufen, der erstmals mehr Kommunikation mit den Zuwanderern ermöglicht.

Umso unverständlicher ist es, dass sie jetzt im Wahlkampf daran mitwirkt, Zuwanderer pauschal in Misskredit zu bringen. Man kann doch nicht vorgeben, mehr Integration zu wollen, und dann sagen, die deutsche Mehrheit dürfe nicht länger von einer Minderheit eingeschüchtert werden. Ich fürchte, Frau Merkel kann sich weitere Integrationsgipfel in die Haare schmieren, sie hat an Glaubwürdigkeit erheblich verloren. Dem Wiederholungstäter Koch auf dem Leim zu gehen ist zudem ein deutliches Zeichen von Führungsschwäche.

Sie sind Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses. Wie können Sie weiter mit Leuten zusammenarbeiten, die "Ausländer raus"-Parolen äußern?

Die große Koalition ist eine Zwangsgemeinschaft. Wir tun gut daran, energisch für andere Mehrheiten zu werben. Die Ausfälle der Union werden auch für unsere tägliche Arbeit Folgen haben und das Koalitionsklima belasten, das ist wohl unvermeidlich. INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER

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