Kommentar Kenia: Die diskreditierte Elite

Die einzige Hoffnung für die Zukunft Kenias ist nicht die politische Elite, sondern eine starke Zivilgesellschaft. Eine schwache, aber nicht unbegründete Hoffnung.

Die Morde, Plünderungen und Vertreibungen in Kenia gehen weiter. Trotzdem gibt es Anlass zu Optimismus - wenn dieses Wort denn angemessen ist für die bescheidene Hoffnung, dass es wenigstens nicht zu einem offenen Bürgerkrieg kommt. Die politischen Akteure signalisieren inzwischen Gesprächsbereitschaft. Das allerdings ist ausschließlich auf den Friedenswillen der Mehrheit der Bevölkerung zurückzuführen.

Überraschend ist ja nicht der Ausbruch von Gewalt in Kenia - überraschend ist, dass es dort so lange friedlich geblieben ist. Fast alle staatlichen Institutionen, allen voran der Polizeiapparat, gelten seit Jahren als korrupt und repressiv. Zu Recht. Wenn unter solchen Umständen ein Land nicht in Anarchie versinkt, dann muss die Zivilgesellschaft stark sein. Die hat sich auch jetzt bewährt. Ja, es gibt entsetzliche Berichte über entfesselte Gewalt entlang ethnischen Linien. Aber es gibt daneben ungezählte Beispiele für Solidarität und Zivilcourage. Ob das für eine Stabilisierung der Lage genügt? Schwer zu sagen.

Die politische Elite ist diskreditiert. Wahlbetrüger Mwai Kibaki hat die Staatsmacht missbraucht, um Demonstranten ermorden zu lassen. Oppositionsführer Raila Odinga hat nichts getan, um Racheakte an Kibakis Volksgruppe zu verhindern. Man möchte beide lieber vor Gericht sehen als in Staatsämtern. Aber sie werden die Spitzenkandidaten sein, sollte es zu Neuwahlen kommen.

Und wer verfügt über hinreichende Glaubwürdigkeit, um einen Wahlprozess so zu überwachen, dass das Ergebnis später landesweit akzeptiert wird? Die Ereignisse der letzten Tage haben Hass und Misstrauen vertieft. Es gibt in Kenia keine allseits geachtete Persönlichkeit, die als unparteiisch genug gilt, um überall Gehör zu finden. Das Ausland verfügt angesichts eines konsolidierten kenianischen Staatshaushalts über wenig Druckmittel.

Die einzige Hoffnung ruht somit auf jenen, die weder über Macht noch über Waffen verfügen. Sondern lediglich über Verstand und Menschlichkeit. Das ist eine schwache Hoffnung. Aber sie muss nicht unbegründet sein.

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Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

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