Deutsche trinken weniger Alkohol: Sekt? Likör? Doch lieber Kaffee!

Auch Silvester wird es nicht rausreißen: Die Spirituosenindustrie in Deutschland verzeichnet erhebliche Absatzrückgänge. Die Deutschen setzen mehr auf Muntermacher.

Sylvester reißt es jetzt auch nicht mehr raus... Bild: dpa

FRANKFURT taz Wenn in der Silvesternacht die Korken und Böller knallen, wird der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure (BSI) seine Sorgen nicht los sein. Umsatzverluste bei Likör und Branntwein belegen die veränderten Trinkgewohnheiten der Deutschen.

Mustermann und -frau werden zwar auch zum Jahreswechsel nicht von ihrem liebstem Laster, dem Alkohol, lassen. Aber, so die Bilanz des BSI, sie saufen insgesamt weniger - und geben Wein den Vorzug vor Likör und scharfen Schnäpsen. Daran ändern auch die kurzen Moden der Mixgetränke, der Kräuterschnaps-Partys, der Flatrate-Exzesse und des derzeitigen Whisky-Revivals nichts.

Laut brancheneigener Statistik sind von den 415 Industriebetrieben im Jahr 1960 heute nur noch 78 erhalten, die Zahl der Beschäftigten sank von über 15.000 auf unter 3.000. Der in den alten Bundesländern über Jahrzehnte kontinuierliche Umsatzanstieg fand sein gesamtdeutsches Ende zum Anfang der 90er-Jahre. Seither sackte der Umsatz um ein Drittel auf 2,5 Milliarden Euro. Inklusive der Importe wird er derzeit auf rund 4,5 Milliarden Euro geschätzt.

Die Deutschen bevorzugen beim Hochprozentigen Liköre mit Medizinbeigeschmack, Bitter, Halbbitter und Kräutermischungen. Allerdings nur die "westlich der Elbe". Die anderen neigen dem heimischem Korn, Weinbrand und Wodka zu. Rum liegt mit einem Marktanteil von 10,5 Prozent weit vor Mixgetränken und Whisky. Die meisten Schnäpse werden nicht in Diskotheken und Kneipen bestellt, sondern im Supermarkt gekauft und daheim ausgetrunken.

Der deutsche Durchschnittskonsument schluckte 2006 5,7 Liter Spirituosen, 1980 waren es noch 8 Liter Spirituosen.

Laut Wirtschaftsforschung und Statistischem Bundesamt sind die Deutschen eigentlich ein Volk der Kaffeetrinker. 145 Liter verbrauchen sie jährlich, dicht darauf folgen Wasser und Bier. Weltweit sind sie im Alkoholkonsum eher unterstes Mittelmaß und rangieren weit hinter den meisten Karibikinseln. Die Südkoreaner bringen es auf jährlich 25,5 Liter Fertigware pro Kopf. Am enthaltsamsten sind neben sehr armen Ländern solche mit vorwiegend muslimischer Bevölkerung. Spitzenreiter europäischer Absatzmärkte ist die Russische Föderation mit 19,9 Litern pro Person, dicht gefolgt von den Esten. Die legendäre Trinkfreude der Ungarn ist statistisch eher gering, sie liegen wie Spanier und Polen nur kurz vor den Deutschen. Frankreich zieht mit der Bundesrepublik noch vor Irland gleich, Italiener, Isländer, Schweden und Türken halten wenig von gebranntem Alkohol. Die größten Abnehmer deutscher Spirituosen sind Niederländer und Belgier, während die Importe vorwiegend aus Frankreich und England kommen.

Zur Jahresbilanz im Dezember beklagte der BSI die "Steuerspirale". Nicht nur Branntwein, sondern auch Bier, Sekt, Alkopop und Kaffee summieren sich zu knapp 6 Milliarden Euro Staatseinnahmen. Außerdem mache der Branche die Beschränkung der Werbung zu schaffen. Verbandssprecher Eckehard Lehr setzte auf "Selbstkontrolle" der Industrie und die "Eigenverantwortung des Individuums". Der BSI kümmere sich seit Jahren intensiv darum, Jugendliche mit Schulungen im richtigen Umgang mit der Droge Alkohol aufzuklären.

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