Süddeutsche verkauft: Südwestdeutsche nutzt Vorkaufsrecht

Nach monatelangen Verhandlungen erwirbt die Stuttgarter Holding zusätzlich 62,5 Prozent der Anteile im Besitz von Familien. Der Zeitpunkt überrascht - der Weg zur Einigung ebenfalls.

Verkauft. Bild: dpa

BERLIN taz Es hatte sich abgezeichnet - aber am Ende ging es dann doch überraschend schnell: Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) übernimmt zum 29. Februar 2008 die Mehrheit am Süddeutschen Verlag mit seinem Aushängeschild, der Süddeutschen Zeitung. Vier Gesellschafterfamilien werden ihre Anteile verkaufen. Das erklärte am Freitag Christian Goldschagg, der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung des Verlags, in einer Pressemitteilung.

Die SWMH, die bereits 18,75 Prozent der Anteile hält, übernimmt damit nun wohl auch die 62,5 Prozent der Anteile, die zum Verkauf gestanden hatten, und hält dann 81,25 Prozent. Die 62,5 Prozent errechnen sich aus den Anteilen der Familien Goldschagg, von Seidlein (je 18,75 Prozent), Dürrmeier (8,33 Prozent) und Schwingenstein (16,76 Prozent). Die restlichen 18,75 Prozent bleiben in der Hand der Gesellschafterfamilie Friedmann, die nicht zum Verkauf bereit ist.

Vor wenigen Tagen hatte die SWMH den Kauf des Süddeutschen Verlags beim Kartellamt zur Prüfung angemeldet. Dies war eine Formalie, doch dass die SWMH die besten Karten für den Kauf des Verlags haben würde, hatte sich abgezeichnet - denn die SWMH besaß ein Vorkaufsrecht und hatte angekündigt, es nutzen zu wollen.

Wie es zu der Einigung kam, deren Zeitpunkt überrascht, wurde offiziell nicht bekannt. Nach Brancheninformationen wurde jedoch die Front der zwei Parteien aufgebrochen, die sich im Verkaufsprozess gebildet hatten - der SWMH und der Familie Friedmann auf der einen Seite und der vier verkaufswilligen Familien auf der anderen Seite: Die Familie Schwingenstein verkauft ihre Anteile unabhängig von den anderen verkaufswilligen Gesellschaftern an die SWMH, die so zusammen mit der Familie Friedmann bereits 54,26 Prozent der Anteil und damit die Mehrheit am Süddeutschen Verlag inne hat. Die anderen verkaufswilligen Familien, die vom separaten Geschäft der Familie Schwingenstein nach Brancheninformationen überrascht wurden, werden nun der Pressemitteilung des Süddeutschen Verlags zufolge bis zum 29. Februar ebenfalls an die SWMH verkaufen.

Die anderen Bieter um den Verlag hätten nun nur noch eine Minderheit erwerben können. Interessiert daran, den Verlag zu kaufen, waren neben der SWMH auch die Holtzbrinck-Verlagsgruppe, die WAZ, der DuMont-Verlag und die Bank GoldmanSachs gemeinsam mit dem Verleger Dieter von Holtzbrinck (dem Halbbruder des Holtzbrinck-Verlagschefs) - sowie einige Finanzinvestoren.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Vor einigen Monaten hatte die SWMH angeboten, 470 Millionen Euro zu bezahlen - das Angebot hatten die verkaufswilligen Gesellschafter allerdings ausgeschlagen. Der nun zustande gekommene Kaufpreis soll aber nach Angaben der Gesellschafter "deutlich" über dem damaligen Angebot liegen. Das berichtet zumindest sueddeutsche.de.

Mit der Übernahme des Süddeutschen Verlags durch die SWMH sollen nun auch alle rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den verkaufswilligen und den nicht verkaufswilligen Gesellschaftern beigelegt werden - und die waren zahlreich. Sie hatten sich vor Gericht zunächst darum gestritten, ob der Verlag überhaupt ohne Einwilligung der SWMH verkauft werden dürfe. Die SWMH war 2001, während einer Branchenkrise, mit 150 Millionen Euro in den Süddeutschen Verlag eingestiegen und hat ihn damals vermutlich vor der Insolvenz bewahrt. Dabei hatte sich die schwäbische Medienholding auch ein Vorkaufsrecht gesichert.

Das Landgericht München hatte im April jedoch eine einstweilige Verfügung der SWMH zurückgewiesen, die den Verkauf gemeinsam mit der Familie Friedmann hatte verhindern wollen. In einem nicht abgeschlossenen Verfahren ging es etwa um die Frage, ob die SWMH ein Vetorecht gegen einen ihr unliebsamen Käufer hätte einlegen können. Von diesem Vetorecht Gebrauch zu machen, ist nun ohnehin nicht mehr notwendig.

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