Argen verstoßen gegen Grundgesetz: Hartz-IV-Verwaltung verfassungswidrig

Die Organisation der Hartz-IV-Arbeitsgemeinschaften aus Bund und Kommunen ist mit dem Grundgesetz unvereinbar. Das entschied das Bundesverfassungsgericht - und setzte eine Frist für den Umbau.

Neuregelung bis 2010: Arbeitsgemeinschaft Leipzig Bild: dpa

KARLSRUHE dpa Die Umsetzung der Arbeitsmarktreform Hartz IV muss komplett neu geregelt werden. Die doppelte Zuständigkeit von Bund und kommunalen Trägern für die Vergabe von Leistungen in den Hartz-IV-Arbeitsgemeinschaften verstößt nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Donnerstag gegen das Grundgesetz. Der Gesetzgeber muss nun bis Ende 2010 eine Neuregelung erlassen. Bis dahin bleibt es beim jetzigen Zustand. Damit gab Karlsruhe der Verfassungsbeschwerde von elf Kreisen gegen die organisatorische Umsetzung von Hartz IV teilweise statt.

Nach den Worten des Zweiten Senats verletzt die derzeitige Organisation in bundesweit mehr als 350 Arbeitsgemeinschaften ("Argen"), in denen die Leistungen für Arbeitslose vergeben werden, den "Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung". Die Argen sind Gemeinschaftseinrichtungen von Bundesagentur für Arbeit (BA) und kommunalen Trägern. Dies ist laut Verfassungsgericht im Grundgesetz nicht vorgesehen - weil danach klar zugeordnet sein muss, welcher Träger für die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben zuständig ist. Der zuständige Verwaltungsträger sei verpflichtet, seine Aufgaben "mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen".

Zwar sei das von der rot-grünen Regierung im Jahr 2003 verfolgte Ziel sinnvoll, den Bedürftigen bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe Leistungen aus einer Hand zu gewähren. Dazu müsse die Trägerschaft aber entweder beim Bund bleiben oder insgesamt den Ländern beziehungsweise bei den dort angesiedelten Kommunen und Kreisen überlassen werden. Die gemeinsame Zuständigkeit von Bundesagentur und Landkreisen oder Städten für die Umsetzung der Arbeitsmarktreform war als Folge eines politischen Kompromisses vereinbart worden.

In der Mischverwaltung der Arbeitsgemeinschaften ist nach den Worten der Karlsruher Richter nicht gewährleistet, dass der jeweilige Verwaltungsträger - wie von der Verfassung vorgesehen - eigenständige und unabhängige Entscheidungen über die Hartz-IV-Vergabe treffen könne. Außerdem könnten die Bürger nicht mehr eindeutig erkennen, wer für die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben verantwortlich sei. "Das Grundgesetz schließt, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, auch sogenannte Mischverwaltungen aus." Drei der acht Richter stimmten gegen die Entscheidung.

In der Anhörung im Mai hatten Experten der Hartz-IV-Verwaltung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Argen leiden danach unter erheblichen Reibungsverlusten - was auch eine Folge der Doppelzuständigkeit sei. Die Aufteilung sei sachfremd und systemwidrig, hieß es damals.

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