Kommentar CO2-Pläne aus Brüssel: Freie Fahrt für reiche Bürger

Wer zahlt, darf auch künftig Drecksschleudern fahren - nicht zuletzt wegen der Lobbyarbeit der Bundesregierung. In Bali sah das noch ganz anders aus.

Die Liebhaber schneller Schlitten können sich entspannt zurücklehnen. Zwar wird es künftig noch etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben. In bestimmten Zirkeln könnte das aber zum Image der Exklusivität noch beitragen. Wer sich den großen Auftritt im Sportkabrio oder Geländewagen etwas kosten lässt, darf also auch nach 2012 unbegrenzt CO2 in die Luft pusten.

In ihrem Vorschlag setzt die EU-Kommission auf den Solidarausgleich. Kleinwagenproduzenten sollen noch sparsamere Modelle als bisher entwickeln. Die Entwicklungskosten lassen sie sich teilweise von Partnern aus der hubraumstarken Liga bezahlen. An die werden von vornherein weniger strenge Sparanforderungen gestellt, da der erlaubte CO2-Ausstoß nach Gewicht gestaffelt ist. Kommt ein florierender Ablasshandel noch hinzu, müssen sich Hersteller und Kunden lediglich auf höhere Preise einstellen. Die "freie Fahrt für freie Bürger" wird nicht eingeschränkt.

Die Bundesregierung hat hinter den Kulissen mächtig Druck gemacht, um der EU-Kommission einen Vorschlag abzuringen, der die deutschen Pkw-Hersteller nicht in Bedrängnis bringt. Auch wenn sie jetzt lautstark protestiert, müsste sie mit dem Ergebnis eigentlich zufrieden sein. Umso mehr, als die Kosten fürs Dreckverschleudern durch ein mehrheitlich autofreundliches EU-Parlament sicher noch weiter nach unten gedrückt werden.

Mit Sigmar Gabriels Auftritt als Umweltengel bei der Klimakonferenz auf Bali und Kanzlerin Merkels Einsatz für strenge Zielvorgaben beim Klimaschutz lässt sich diese Politik nicht vereinbaren. Beide müssen sich vorwerfen lassen, an ihre Verhandlungspartner Maßstäbe anzulegen, denen sie sich zu Hause nicht unterwerfen wollen.

Es bleibt wieder einmal nur der Appell an den mündigen Verbraucher. Niemand wird schließlich gezwungen, schwere Autos mit hohem Spritverbrauch zu kaufen. Derzeit sind klimaschonende Hybridfahrzeuge sogar in Mode. Doch solche Trends können schnell kippen. Den guten Vorsätzen hätte die Politik mit strengen Vorgaben etwas nachhelfen müssen. Doch dazu fehlte den EU-Kommissaren der Mut.

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