NS-Keule und Hitlervergleich: Typologie des Terrors

Nazi-Vergleiche hinken eigentlich immer. Doch ihrer enormen Beliebtheit tut das keinerlei Abbruch - wie eine neue Studie belegt.

Auch in Polen beliebt: Der Hitler-Vergleich - hier mit bärtiger Kanzlerin. Bild: rts

Immer wieder Hitler. Eine neue Studie zeigt: Die NS-Keule bleibt eine rhetorische Allzweckwaffe, besonders beliebt bei Friedensbewegten und Katholiken. Aus aktuellem Anlass eine kleine Typologie des Nazi-Vergleichs.

Der naheliegende Vergleich:

Ahmadinedschad mit Hitler. Läuft ganz gut, kann man auch einfach drauf kommen: Immerhin ist der iranische Präsident ein (a) größenwahnsinniger, (b) antisemitischer und (c) gefährlicher (d) Wirrkopf. Haben jetzt auch schon viele gemacht: Angela Merkel, der französische Judenrats-Vorsitzende Roger Cukierman, irgendwelche christlichen Organisationen. Ahmadinedschad schlägt zurück, indem er den Holocaust leugnet. Auch naheliegend. Auch berechenbar. Und auch ein wenig langweilig.

Der politische Vergleich:

Die SPD mit der NSDAP, CDU-Slogans mit Naziparolen, beliebige Politiker mit Hitler oder Goebbels. Der politische Vergleich ist universell einsetzbar und immer völliger Quatsch. Klassisches Beispiel: Der CDU-Wahlslogan "Sozial ist, was Arbeit schafft" erinnert SPD-Politiker Ludwig Stiegler an das höhnische Auschwitz-Motto "Arbeit macht frei". Das Schema ist stets gleich: Provokation - Empörung - Entschuldigung. Und nach einer Woche ist wieder alles vergessen.

Der völlig absurde Vergleich:

Haustiere mit Hitler. Die Pille mit dem Holocaust. So Zeug eben. Manch eine Nazi-Referenz wirkt wie einer wirren Koksfantasie entsprungen. Ist sie wohl oft auch, denn besonders Fernsehmoderatoren erschaffen solche verquasten Logikmonster. Dabei liegt die Absurdität manchmal weniger im Vergleich selbst als viel mehr in der Begründung. Super Beispiel: Dieter Thomas Heck vergleicht Angela Merkel mit Hitler, weil sie im Wahlkampf so häufig "ich" gesagt hat.

Die Serientäter:

Manche Menschen verfügen über ein derart begrenztes Metaphern-Repertoire, dass sie ständig alles und jeden mit Hitler vergleichen müssen. Einer von ihnen ist der Kölner Erzbischof Joachim Meisner. Säkulare Kultur? Entartet! Abtreibungen? Holocaust! Neben der katholischen Kirche rekrutiert sich diese Fraktion vor allem aus der Friedens- und Umweltbewegung ("Atomarer Holocaust"), also insgesamt aus Gruppen, die zu moralisierender Selbstgerechtigkeit neigen. Ganz frei nach dem Motto: Wir sind die Guten. Alle anderen sind Nazis.

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