Das Lexikon zur Suchmaschine: Google plant "bezahlte Wikipedia"

Der Konzern will mit der Wissensdatenbank "Knol" in die Sparte Internet-Enzyklopädie einsteigen. Anders als beim Konkurrenten Wikipedia sollen die Autoren auch Geld verdienen.

Erster Blick auf Googles neues Steckenpferd. Bild: screenshot google.com

Eigentlich ist "Google Knol" nicht viel mehr als das, was man in IT-Kreisen als "Vaporware" (heiße Luft) bezeichnet: Eine Ankündigung eines großartigen Produktes, das aber leider noch niemand außer dem Hersteller und einigen Eingeweihten ansehen oder gar benutzen darf. Dennoch sorgt die Ankündigung, die Google Ende letzter Woche in seinen offiziellen Weblog einspeiste, für allerlei Wirbel. Eine "bezahlte Wikipedia", die dem großen, kostenlosen Online-Lexikon mächtig Konkurrenz machen werde, plane der Internet-Konzern da, hieß es in US-Medien.

Die Idee hinter "Knol", dessen Name sich vom englischen Wort "Knowledge" für Wissen ableitet, klingt dann auch durchaus bekannt: Man will "nutzergenerierte Informationen" sammeln und organisieren - und zwar in allen Bereichen menschlicher Erfahrungen. "Es gibt Millionen von Menschen, die nützliches Wissen besitzen, das sie gerne mit anderen teilen würden. Und es gibt Milliarden Menschen, die davon profitieren könnten", meint der zuständige Google-Manager Udi Manber. Seine Firma glaube, dass dieses Teilen von Wissen vor allem deshalb nicht erfolge, weil es einfach nicht genug sei, dies im Netz zu tun. Genau das solle nun Knol ermöglichen. Jeder Nutzer könne eine eigene Seite zu jedem beliebigen Thema verfassen und Bilder ergänzen. Die besten "Knols", wie einzelne dieser "Wissenseinheiten" genannt werden, sollen dann in der Google-Suchergebnisliste auftauchen. Nur wie diese Bewertung erfolgt, gab Manber nicht an.

Interessanterweise bewegt sich Google damit auf einem Gebiet, das die Wikipedia groß gemacht hat. Denn dort genügt schon ein Klick auf einen Link, um einen bestehenden Lexikon-Eintrag zu editieren. Das tatsächlich Neue an Knol ist etwas anderes: Google will den Teilnehmern erlauben, auch Geld mit ihrem Wissen zu verdienen. So soll der Autor eines Beitrags erlauben können, dass Google Werbung neben seinem Text publiziert. An den Erlösen wird der "Knol"-Schreiber dann beteiligt - nach welchem Schlüssel, entscheidet Google. Damit läuft es hier ähnlich wie beim Webwerbedienst "AdSense", bei dem die Werbung schaltenden User ebenfalls nie konkret erfahren, wie viel der Internet-Konzern eingenommen hat und an sie abtritt. Doch könne man "einen erheblich Anteil" erwarten, so Manber.

Derzeit läuft "Google Knol" noch in einem geschlossenen Testbetrieb - bis auf das Blogposting und einen Screenshot, der leicht an die Wikipedia erinnert, liegen keine näheren Informationen vor. Der Screenshot zeigt, dass auf "Google Knol" einzelne Artikel bewertet und nacheditieret werden können. Auch die aus Wikipedia bekannten "Revisions" sind einsehbar - so kann man als Nutzer erfahren, was in einem Beitrag geändert wurde. Google gehe es jedoch vor allem darum, die einzelnen Autoren hervorzuheben, schreibt Manber - ähnlich wie man dies von Büchern und wissenschaftlichen Studien und Nachrichtenartikeln kenne. Dazu werden einzelne Artikel auch mit einem Autorenbild versehen. Google plant außerdem konkurrierende "Knols" - so soll der jeweils beste Autor über ein Thema schreiben. Wikipedia dagegen setzt auf die gemeinsame Arbeit an einem Artikel. Google selbst will nach eigenen Angaben keinen Einfluss auf die Inhalte nehmen und nur die Plattform stellen - nur die Autoren selbst sollen die Inhalte redaktionell bewerten und kontrollieren können.

Die Erfolgsaussichten eines Projekts wie "Google Knol" bewerteten Experten unterschiedlich. Derzeit sind Wikipedia-Artikel in der Google-Suche besonders gut "gerankt", was die ein oder andere Verschwörungstheorie einer konkreten Zusammenarbeit zwischen der Suchmaschine und dem Online-Lexikon hervorbrachte, tatsächlich aber vor allem mit den vielen Links zu tun hat, die auf Wikipedia-Einträge verweisen. Google hat zahlreiche ähnliche Versuchsballons gestartet, die nur wenig Einfluss gewannen - so läuft seit 2006 die Datenbank "Google Base", die neben Kleinanzeigen auch beliebiges Wissen aufnehmen sollte, in Online-Kreisen jedoch nur noch für ein müdes Gähnen sorgt.

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