Krise bei Hamburger Solarunternehmen: Die Sonne scheint nicht mehr

Der Solarhersteller Conergy hat Millionenverluste erlitten. Nun muss jeder fünfte Mitarbeiter gehen. Die Aktie bricht um mehr als 20 Prozent ein. Die Gründe sind Fehlentscheidungen.

Verkaufte in der Wachstumsbranche Umwelttechnologie und brach zusammen. Bild: dpa

HAMBURG taz Das Hamburger Solarunternehmen Conergy AG steckt in einer tiefen Krise. Am Mittwoch verkündete der Vorstand Millionenverluste und massiven Jobabbau. Als Reaktion auf die wirtschaftliche Schieflage wird sich Conergy ganz auf das Solarstromgeschäft konzentrieren. Von den Aktivitäten in den Bereichen Biomasse, Solarthermie und Wärmepumpen will sich das Unternehmen so schnell wie möglich trennen.

Das gleiche gilt für rund 500 der weltweit 2.700 Mitarbeiter: Sie werden entlassen, um "die Kostenstrukturen zu verbessern und die Ertragskraft nachhaltig zu stärken", erklärte der Vorstand. Allein in der Hamburger Zentrale könnten nach Auskunft der Wirtschaftsbehörde der Stadt rund 300 Mitarbeiter betroffen sein.

Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) richtete unmittelbar nach Bekanntwerden der geplanten Massenkündigungen zusammen mit der Agentur für Arbeit einen Krisenstab ein. Ziel dieser Arbeitsgruppe sei es, dafür zu sorgen, "dass jeder entlassene Mitarbeiter ein ordentliches Angebot für einen neuen Arbeitsplatz erhält", erklärte Uldall.

Die Hiobsbotschaft löste an der Frankfurter Börse gestern Vormittag einen Kurssturz der Papiere des Solaranbieters aus. Binnen weniger Stunden verlor das Wertpapier mehr als 20 Prozent seines Wertes und sackte auf 20,70 Euro ab. Die Aktie war seit Anfang Oktober von einem Höchststand bei knapp 70 Euro in nur wenigen Wochen auf 15 Euro eingebrochen, hatte sich zuletzt aber wieder etwas erholt.

Hintergrund der Zäsur sind massive Verluste im laufenden Geschäftsjahr. Nach der neuesten Vorstandsprognose wird das Unternehmen 2007 mit einem Minus zwischen 150 und 200 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern abschließen. Noch bis vor wenigen Tagen hatte die Unternehmensspitze erklärt, sie gehe von einem leichten operativen Plus aus.

Die Gründe für die Talfahrt des Anbieters von Techniken zur Ökostromerzeugung gelten als hausgemacht. Das Unternehmen selbst nennt stark gestiegene Kosten bei den Zulieferern, Lieferverzögerungen bei Solarmodulen und hohe Zinsaufwendungen als Ursachen für den eigenen Crash. Gerade die Zinslast, die den Konzern drückt, weist auf die Fehler der Geschäftspolitik der vergangenen Jahre hin. Ob Windkraft, Bioenergie oder Wärmepumpentechnologie: Conergy kaufte zuletzt im Wachstumsbereich Umwelttechnologie alles, was auf dem Markt war. Hohe Zinslasten und eklatante Liquiditätsprobleme sind jetzt die Folge der ungezügelten Expansionsstrategie. Anfang November mussten die Hauptgesellschafter 70 Millionen Euro frisches Kapital in den schlingernden Konzern pumpen, zugleich wurden 30 Millionen Euro neue Kredite aufgenommen.

Als die Schieflage erkennbar wurde, mussten sowohl Vorstandsvorsitzender Hans-Martin Rüter wie auch Finanzvorstand Heiko Piossek im Herbst den Hut nehmen. Das Unternehmen wird zurzeit von dem früheren Tchibo-Manager Dieter Ammer geführt, der aber nur so lange im Amt bleiben soll, bis ein neuer Vorstandschef gefunden wird.

Für den Analysten Karsten von Blumenthal bestätigt die Gewinnwarnung "die schlimmsten Befürchtungen". Und gegenüber Finanztreff.de erklärte der Mitarbeiter von SES Research, das Unternehmen stehe "am Rande des Abgrunds".

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