CIA-Entführungsopfer vor Gericht: "Keiner nimmt ihn in Schutz"

In Memmingen beginnt am Montag der Prozess gegen Khaled El Masri. Der 43-Jährige Neu-Ulmer muss sich wegen Brandstiftung und Körperverletzung verantworten.

Khaled El Masri hat in einem Metro-Markt Feuer gelegt. Bild: dpa

MEMMINGEN taz Heute beginnt vor dem Landgericht Memmingen der Prozess gegen den Neu-Ulmer Khaled El Masri. Das CIA-Entführungsopfer muss sich wegen Brandstiftung in einem Supermarkt und gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Seit dem 16. Mai wartet Khaled El Masri in der geschlossenen Abteilung eines bayerischen Krankenhauses auf seinen Prozess. Nachts hatte er im Metro-Großmarkt in Neu-Ulm Benzin ausgegossen und Feuer gelegt, der Sachschaden wird auf 300.000 Euro geschätzt. Der 43-Jährige hatte sich am Tatort widerstandslos festnehmen lassen. Das Landgericht Memmingen verhandelt zugleich eine weitere Straftat: Im Januar hatte der Neu-Ulmer nach einem Streit auf einen Fahrlehrer eingeschlagen.

Masri hat beide Straftaten von Anfang an eingeräumt, eine schlüssige Erklärung dafür ließ er bisher vermissen. Für seinen Anwalt Manfred Gnjidic liegt sie auf der Hand: "Die Geschichte von Khaled El Masri ist die Triebfeder seiner Handlungen." Gemeint ist die Entführung des Deutschen durch den amerikanischen Geheimdienst und die nachfolgende sechsmonatige Gefangenschaft in Afghanistan im Jahr 2004. Seither, sagt Gnjidic, sei Masri unzureichend oder gar nicht therapiert worden. Im vergangenen Jahr waren Masri mehrere Therapiestunden im Ulmer Behandlungszentrum für Folteropfer bewilligt worden. "In dieser Zeit beging er keine Straftaten", erinnert Anwalt Gnjidic.

Die Staatsanwaltschaft Memmingen sieht dies anders. Ein psychiatrischer Gutachter ist zu dem Schluss gekommen, der 43-Jährige sei zum Zeitpunkt der Tat voll schuldfähig gewesen. Der Brandlegung war ein Streit mit einer Verkäuferin des Marktes über einen angeblich defekten i-Pod vorausgegangen. Das Kaufhaus hatte daraufhin ein Hausverbot über Masri verhängt.

Gnjidic wird versuchen, im Prozess, der auf vier Tage angesetzt ist, die verzweifelte Situation seines Mandanten deutlich zu machen. "Keiner nimmt ihn in Schutz", beklagt er. Im Gegensatz zum Bremer Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz, der nach der Rückkehr nach Deutschland "einen Job vermittelt" und "Besuch von der Landesregierung bekommen" habe, werde Masris Leiden ignoriert. Es sei "erschütternd, dass die bayerische Staatskanzlei sich überhaupt nicht um ihn kümmert". Ein Urteil könnte am Freitag fallen.

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