Scientology-Verbot: Finger weg von Teegebäck!

Die Landesinnenminister erwägen, Wolfgang Schäuble ein Scientology-Verbot nahezulegen. Das wäre ein herber kultureller Verlust. Vier gute Gründe, warum Scientology leben muss.

Heute schon Ihre "Beingness" auf den neuesten Stand gebracht? Bild: dpa

Scientology ist ein furchtbar ernstes Thema. Die Organisation ist ein Riesenkrake (was man laut Oberverwaltungsgericht Münster sogar sagen darf), weil sie weltweit expandieren und die Gesellschaft durchdringen will. Möglicherweise unterwandert sie schon längst unsere Unternehmen und unsere politischen Strukturen. Unliebsame Kritiker werden nach unbestätigten Gerüchten verfolgt und in eine Sauna gesperrt. Wie man jüngst im Deutschlandradio Kultur hören konnte, werden in Berlin jetzt sogar schon Kinder vor den Schultoren angesprochen, um sie für Scientology zu gewinnen. Trotzdem: Scientology sollte nicht verboten werden. Und das sind die Gründe dafür:

1. Der Xenu-Mythos

Was kaum jemand weiß, weil man das erst in hochstufigen Scientology-Kursen beigebracht bekommt: Vor 75 Millionen Jahren beherrschte ein Diktator namens Xenu eine galaktische Föderation aus 26 Sternen und 76 Planeten. Um der dort herrschenden Überbevölkerung beizukommen, verfrachtete er viele Milliarden der Bewohner mit Raumschiffen, die dem irdischen Flugzeug Douglas DC-8 frappierend ähnlich sahen, auf den Planeten Teegeeack, dessen Name dem Begriff "Teegebäck" frappierend ähnlich sieht, aber eigentlich unsere Erde ist. Dann passierten noch weitere seltsame Dinge, deren genauen Fortgang Sie dem Scientology-Kurs ganz in Ihrer Nähe entnehmen können. Wenn Sie wollen. Sollte aber Scientology verboten werden, werden Sie niemals erfahren, wie die Geschichte weitergeht - außer Sie schauen im Internet nach. Aber das wäre nicht dasselbe.

2. Tom Cruise

Der wohl beliebteste Schauspieler von ganz Teegebäck ist bekennender Scientologe, und man darf wohl davon ausgehen, dass Tom Cruise seine vielen wunderbaren Filme ohne die Lehren des Scientology-Gründers Ron L. Hubbard niemals hätte drehen können, vermittelten ihm diese doch erst das nötige Selbstbewusstsein, vor der Kamera so zu agieren, wie er es in seiner unnachahmlichen Weise tut. Man stelle sich vor, "Cocktail" wäre niemals entstanden! Nie hätten wir den Knaller "Tage des Donners" sehen dürfen! Ach so - das macht Ihnen nichts aus? Diese Filme seien großer Mist? Dann denken Sie bitte an "Eyes Wide Shut". Oder "Magnolia". Um die wäre es doch schade. Unvergessen bleibt auch Cruise, nun ja, mutige Dankesrede bei der Bambi-Verleihung 2007 - auch diese undenkbar ohne seine vorbildlichen Scientology-Fähigkeiten. Tipp: Stellen Sie sich mal hinter Tom Cruise und rufen "Xenu!". Mal sehen, was passiert.

3. Faszinierende Methoden

Sie fühlen sich nicht so gut? Sie verdienen zu wenig Geld? Sie nutzen nur fünf Prozent Ihres geistigen Potenzials? Alles kein Problem. Machen Sie erst mal den berühmten Persönlichkeits-Test in einer Scientology-Filiale in Ihrer Nähe. Sie werden garantiert feststellen müssen: In Ihrer Persönlichkeit liegt so einiges im Argen. Aber auch das: kein Problem. Da kann man was machen. Denn bei Scientology - und nur bei Scientology! - können Sie lernen, "Macht auf allen acht Dynamiken" zu erlangen, totale Kontrolle über Ihre "Beingness" zu erhalten und sich endlich mal über alle Fragen des Lebens "clear" zu werden.

Das Tolle daran: Sie müssen vorher noch gar nicht wissen, was das alles bedeuten soll. Das bekommen Sie alles bei Scientology gegen Gebühr beigebracht. Kritiker sagen zwar, die Kurse seien überteuert und würden abhängig machen - aber, hey, gilt das nicht auch für Zigaretten, Alkohol und eine Mitgliedschaft im Fitness-Studio? Kurz gesagt: Wenn Sie Ihr Geld unbedingt wegwerfen wollen, warum sollten Sie es nicht in den Rachen von Scientology werfen dürfen? Sollten Sie übrigens schon jetzt mehr als fünf Prozent Ihres geistigen Potenzials nutzen, dann können Sie sich die Kohle ebenso gut sparen.

4. Gesellschaftliche Funktion

Denken Sie bitte einmal ganz kurz darüber nach, was all die Scientologen machen würden, wenn es Scientology nicht gäbe. Möglicherweise würden die sich auf den Straßen herumtreiben. Würden noch wesentlich unsympathischeren, dabei erlaubten Organisationen wie der NPD oder dem "Verein zu Gotterkenntnis Mathilde Ludendorff" beitreten. Und was täten wir dann mit denen? Alle in eine Douglas DC-8 packen und ab mit ihnen auf Xenus Heimatplaneten? Nein, da ist es doch besser, diese Leute beschäftigen sich gegenseitig mit dem E-Meter. Oder gehen schön saunen.

* Sie ahnen es längst: Der Autor ist Operierender Thetan der Stufe XXXV

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