Die USA und der Klimagipfel auf Bali: Not in our name either

Bush hin oder her - in den USA bewegt sich einiges in der Klimapolitik. Es mangelt nicht an einem lokalen Bewusstsein, sondern an einer landesweiten Strategie.

In den Augen des Anti-Klimaschutz-Hurrikans Bild: dpa

Die US-amerikanische Delegation auf Bali kann nicht beanspruchen, für die gesamten Vereinigten Staaten zu sprechen. Im Grunde vertreten sie bei der Weltklimakonferenz auf Bali die halsstarrigen Ansichten eines einzigen Mannes: die des George W. Bush. Denn in einem ungewöhnlichen Affront gegen seine Regierung empfahlen am Dienstag elf Kongressabgeordnete den Konferenzteilnehmern, die US-Regierung zu ignorieren und einen effektiven Klimaschutzvertrag auszuhandeln.

"Während die führenden Nationen und die Vereinten Nationen in Bali eine Zukunft ohne globale Erwärmung planen, sollte die Welt wissen, dass die Tatenlosigkeit von US-Präsident George W. Bush nicht der Status quo in Amerika ist", schreiben Edward Markey, der Vorsitzende des Ausschusses "Energieunabhängigkeit und Globale Erwärmung" und zehn weitere Abgeordnete in einem Brief an den Leiter des UN- Klimasekretariats, Yvo de Boer.

Für den Fall eines Regierungswechsels im kommenden Jahr stellen die Unterzeichner eine Wende in der US-Klimapolitik in Aussicht: "Während die Regierung sich beim Thema Klimawandel nicht vom Fleck bewegt, sind die amerikanische Öffentlichkeit und Politiker bereit, sofort etwas zu tun."

Dass alle US-Amerikaner Klimamuffel seien, lässt sich tatsächlich nicht mehr behaupten. Gerade 2007 war ein Jahr voller umweltpolitischer Initiativen: So unterzeichneten die Gouverneure von zehn Neuengland-Staaten ein regionales Abkommen zur Senkung von CO2-Emissionen. Im vergangenen Monat verwarf ein Bundesberufungsgericht in San Francisco die vor einem Jahr von der Bundesumweltbehörde beschlossenen Abgasstandards für Fahrzeuge. Zuvor hatte ein anderes Gericht geurteilt, dass dieselbe Behörde dazu verpflichtet sei, Abgaswerte zur Luftreinhaltung zu kontrollieren. Zugleich überschüttete der US-Kapitalmarkt alternative Energieprojekte und Solarenergiefirmen mit Kapital. Die Aktien dieser Unternehmen erreichten bei so viel Optimismus Traumrenditen - nicht schlecht für ein Land, in dem die Idee von Selbsteinschränkung so neu ist wie die Erkenntnis, dass Wachstum nicht grenzenlos ist.

Umso unverständlicher ist die Tatenlosigkeit des Präsidenten. Bush, der kürzlich zum ersten Mal öffentlich davon sprach, dass es ein Problem mit der globalen Erwärmung gibt, hält nichts von verbindlichen Zielen zur Reduktion von Treibhausgasen. Der Mann, dessen Wahlkampf von der Ölindustrie mitfinanziert wurde, bezweifelt, dass globale Erwärmung etwas mit menschlichem Handeln zu tun hat.

So kommt es zu der absurden Situation, dass exportorientierte Unternehmen, die Neuengland-Staaten und Kalifornien nach vergeblichem Betteln in Washington um strengere Umweltauflagen die Klimapolitik selbst in die Hand genommen haben. Es mangelt weniger am Bewusstsein auf lokaler Ebene als an einer landesweiten Strategie für den Kampf gegen den Klimawandel. Und ohne eine landesweite gibt es natürlich auch keine globale Strategie. Die Konferenz auf Bali wird zeigen, ob die USA als größte CO2-produzierende Nation der Welt dazu bereit sind, zu handeln, oder ob sie nur verhindern und blockieren wollen.

Der Kongress jedenfalls scheint es mit der Umwelt ernst zu nehmen. Seit gestern liegt dem Senat ein ambitionierter Gesetzentwurf zur Treibhausgasreduktion vor. Eingereicht wurde der Entwurf von Joe Lieberman, dem unabhängigen Senator aus Connecticut, und seinem republikanischen Kollegen John Warner aus Virginia. Er soll ein neues Kapitel der US-Umweltpolitik eröffnen. Der Entwurf verfolgt das Ziel, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um 60 Prozent zu reduzieren. Ermöglicht werden soll dies mit einem landesweiten Handel mit Emissionsobergrenzen. Unternehmen sollen dann Emissionsrechte kaufen und verkaufen können. Die Aussichten, dass der Kongress zustimmt, stehen nicht schlecht.

Kritiker der Bush-Regierung sehen in solchen Initiativen nicht nur die Chance einer längst überfälligen Klimapolitik. Für sie steht auch die Glaubwürdigkeit der USA als Führungsmacht auf dem Spiel. So betonen die demokratischen Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton, Barack Obama und John Edwards stets, dass für sie eine fortschrittliche US-Klimapolitik eine wesentliche Voraussetzung dafür sei, die transatlantische Wertegemeinschaft wieder aufleben zu lassen.

Bali bietet der Bush-Regierung eine gute Gelegenheit, eine neue Klimapolitik zu beginnen. Denn anders als in Kioto gibt es kein Einvernehmen darüber, wie es weitergehen soll. Während einige Staaten einen globales Emissionshandel favorisieren, befürworten andere regionale Vereinbarungen. Wieder andere fordern einen Vertrag zwischen den größten CO2-Emittenten, dem sich später andere Länder anschließen sollen. Diese Idee gefällt US-Umweltschützern - und offenbar mehr und mehr auch dem Weißen Haus.

Der Leiter der US-Delegation, Harlan L. Watson, beteuerte am Mittwoch, dass die USA "flexibel" und "konstruktiv" seien, "um die Bali-Roadmap zum Erfolg zu bringen". Einen guten Willen bescheinigte den Amerikaner auch die deutsche Delegationsleiterin Nicole Wilke. Zwar seien die Positionen zur "Roadap" noch weit auseinander, dies liege aber nicht an den USA, sondern an einigen Opec-Staaten wie Saudi-Arabien und Nigeria.

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