Heinrich Tiemann: Der Chef im Vizekanzleramt

Heinrich Tiemann ist der Mann, der Frank-Walter Steinmeier bei seinen neuen Aufgaben als Vizekanzler unterstützen soll. Dazu wechselt er vom Arbeits- ins Außenministerium.

Diplomaten haben ein feines Gespür, wer fremd ist in ihrer Welt. So könnte es passieren, dass der eine oder andere Vortragende Legationsrat leicht indigniert schaut, wenn Heinrich Tiemann im Auswärtigen Amt aufkreuzt. Dort blättert man auch mal in Foreign Affairs, dagegen schlägt Heinrich Tiemann morgens im Büro die Bild auf. Er mag den Sportteil.

Dass Tiemann, 56, vom Arbeits- ins Außenministerium verpflanzt wird, liegt an Frank-Walter Steinmeiers neuem Zusatzjob. Nach Münteferings Rücktritt wird Steinmeier Vizekanzler und muss die Politik der Regierungs-SPD koordinieren. Für Merkel bemüht sich das Kanzleramt mit einem Chef und vielen Beamten darum, dass die Unions-Ministerien keinen Blödsinn veranstalten. Um auf Augenhöhe zu bleiben, hielt sich Müntefering im Arbeitsministerium eine Art Vizekanzleramt. Das Haus bekam mit Münteferings Vertrautem Kajo Wasserhövel einen dritten Staatssekretär. Der wechselt jedoch nicht zu Steinmeier. Stattdessen holt der Außenminister Heinrich Tiemann, die zwei kennen sich aus Schröders Regierungszentrale.

Atomausstieg, Bündnis für Arbeit, Riesterrente - alles Projekte, an denen Tiemann als Ministerialdirektor in Schröders Kanzleramt mitgewirkt hat. Später stieg er zum Staatssekretär in Ulla Schmidts Sozialministerium auf. Zwischen den beiden krachte es. Zudem mäkelten Beamte über Tiemann, als er in der Organisationsstruktur herumreformierte. Ab 2005 war Müntefering Tiemanns Chef.

Der Diplom-Verwaltungswissenschaftler wird als Tüftler der Macht beschrieben, einer, der pragmatisch an Vorhaben geht und abklopft, ob sie stimmig und mehrheitsfähig sind. Tiemann kennt sich nicht nur im Regierungsapparat aus, sondern auch in der SPD. Er trat vor 40 Jahren im schwäbischen Schwenningen den Jusos bei. 1991 wechselte er von Franz Steinkühlers IG-Metall-Zentrale nach Bonn zum SPD-Parteivorstand. Später leitete er die Planungsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion.

Tiemann wird nun zwischen den SPD-Ministerien und der Fraktion abstimmen, steuern, glätten. Sein Ansprechpartner bei der Union ist Kanzleramtschef Thomas de Maizière. Offen ist, ob Tiemann auch in die SPD-Zentrale wirken wird.

Mit der Außenpolitik soll der neue Außenstaatssekretär eigentlich nichts zu tun bekommen. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes hat dazu eine höchst diplomatische, wenn auch etwas distanzierte Formulierung gewählt. Staatssekretär Tiemann werde Außenminister Steinmeiers neue Aufgaben koordinieren, "die mit dem offiziell nicht existierenden Amt als Vizekanzler zusammenhängen".

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