Peres und Abbas vorm türkischen Parlament: Reden auf neutralem Boden

Der israelische und der palästinensische Präsident sprechen vorm Parlament der Türkei. Beide haben dafür ganz unterschiedliche Gründe.

Fast reichen sie sich die Hände: Peres und Abbas, zusammengeführt von Gül. Bild: dpa

ISTANBUL taz "Dieses Parlament hat schon früher Geschichte geschrieben und schreibt weiter Geschichte. Ich stehe hier in tiefer Freundschaft mit der muslimischen Türkei. Die Türkei steht gegen die, die den Islam durch Hass und Gewalt zerstören wollen." Es ist ein historischer Auftritt. Erstmals redet mit Präsident Schimon Peres ein israelischer Politiker vor dem Parlament eines überwiegend muslimischen Staates und das auch noch im Duett mit seinem palästinensischen Amtskollegen Mahmud Abbas.

So wie Peres die Türkei als Vorbild für andere muslimische Länder lobt, rühmt Abbas die türkische Demokratie: "Dieses Parlament ist für uns im Nahen Osten ein leuchtendes Vorbild."

Eingefädelt hatte diesen bemerkenswerten Auftritt von Peres und Abbas ihr türkischer Kollege Abdullah Gül. Offizieller Rahmen des Treffens ist das sogenannte Ankara-Forum, eine Initiative, die Gül noch als Außenminister 2005 ins Leben gerufen hat. Es ist ein Zusammenschluss von türkischer, israelischer und palästinensischer Handelskammer mit dem Ziel, Industrieansiedlungen im Westjordanland voranzutreiben.

Peres nutzte seinen Besuch in Ankara vor allem, um die israelisch-türkischen Beziehungen zu vertiefen. Nachdem die moderat-islamische AKP 2002 an die Regierung gekommen war, hatte es einige Irritationen gegeben, insbesondere nachdem sich Ministerpräsident Tayyip Erdogan nicht an das westliche Kontaktverbot gegenüber der Hamas-Regierung gehalten und den damaligen Ministerpräsidenten Ismail Hanija nach Ankara eingeladen hatte. Mittlerweile hat aber die Gül-Erdogan-Regierung in Jerusalem klarmachen können, dass es ihr nicht um eine einseitige Parteinahme zugunsten der Palästinenser geht, sondern dass die Türkei aktiver als früher eine Vermittlerrolle im Nahen Osten anstrebt.

Peres, der bereits am Sonntag in Ankara eingetroffen war, ließ keine Gelegenheit aus, seine Gastgeber in den Himmel zu loben. In mehreren Interviews und während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gül pries er die türkische Demokratie und das "beeindruckende" wirtschaftliche Wachstum. Nachdem die Türkei sich in den vergangenen zwei Jahren zwischen Syrien und Israel mehrfach als Botschaftsüberbringer verdient gemacht hat, hofft Peres nun, dass Gül und Erdogan dazu beitragen können, die beiden israelischen Soldaten, die immer noch im Libanon von der Hisbollah festgehalten werden, wieder freizubekommen. Diese Hoffnung beruht auch darauf, dass die Türkei von allem Nato-Ländern immer noch die besten Beziehungen zum Iran pflegt. Auch wenn er öffentlich seinen Dissenz mit Gül über die iranischen Atomambitionen bekundete, scheint Peres doch froh, dass Ankara den Kontakt zu Teheran pflegt.

Am Rande der Treffen von Peres mit Gül und Erdogan ging es auch um das bislang größte israelisch-türkische Rüstungsprojekt. Israel will der Türkei sein Raketen-Abwehrsystem "Arrow" und ein Modell seines Spionagesatelliten "Ofek" verkaufen. Die Gespräche sind angeblich bereits weit gediehen, Anfang kommenden Jahres soll Verteidigungsminister Ehud Barak nach Ankara kommen, um den Vertrag perfekt zu machen.

Für das gemeinsame Programm mit Abbas, Gül und Peres war der Dienstag reserviert. Alle drei unterzeichneten einen Vertrag, der gemeinsame Industrieansiedlungen im Westjordanland zum Ziel hat, und nahmen anschließend an einem gemeinsamen Essen auf Einladung des Thinktanks Tepav teil, eines der führenden außenpolitischen Foren der Türkei. Höhepunkt und Abschluss des Besuchs war der gemeinsame Auftritt vor dem Parlament, wo Peres und Abbas direkt nacheinander redeten.

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