Kongo: Radioaktive Erze verseuchen Fluss

Knapp 18 Tonnen verstrahlte Mineralienladung wurden in der Provinz Katanga in einen Fluss gekippt. Der Vorfall zeigt: Der Umgang mit den Rohstoffen entzieht sich jeder Kontrolle.

BERLIN taz Die Brücke über den Mura-Fluss war kaputt, also konnten die vier Lastwagen voller Erze nicht weiterfahren. Kurzerhand beschlossen die Fahrer, die 17,9 Tonnen Material auszuladen und ins Wasser zu kippen. Sie müssen gewusst haben, dass das Zeug auf ihren LKWs hochgradig radioaktiv verseucht war, denn das war der Grund gewesen, warum die Lastwagen in der Stadt Likasi zehn Kilometer weiter bei einer Kontrolle gestoppt und zur Umkehr gezwungen worden waren. Nun ist der Fluss verstrahlt, die Anwohner wissen davon nichts. Der Bergbauminister der kongolesischen Provinz Katanga, wo sich der Vorfall am 26. Oktober ereignete, machte den Fall am Mittwoch öffentlich und kündigte juristische Schritte an.

Katanga, die Südprovinz der Demokratischen Republik Kongo, beherbergt die konzentriertesten Metallvorkommen der Welt; Kupfer, Kobalt, Uran und viele andere Rohstoffe finden sich bunt gemischt und könnten bei korrekter Förderung das Land reich machen. Uran aus Katanga diente zur Fertigung der Atombombe, die 1945 auf Hiroshima abgeworfen wurde. In Kongos Hauptstadt Kinshasa steht bis heute ein Forschungsreaktor. Kongos wichtigste Uranmine Shinkolobwe ist seit 2004 offiziell geschlossen, aber bis heute zirkulieren immer wieder Gerüchte über illegale Uranexporte. Und andere Minen nahe Shinkolobwe, das in einem Bergbaugürtel wenige Kilometer außerhalb der 300.000 Einwohner zählenden Großstadt Likasi liegt, enthalten ebenfalls Uranerz.

Die jetzt gestoppte Fracht war als Kupfer- und Kobalterz deklariert. 17 Tonnen davon gehörten der chinesischen Handelsfirma Magma, der Rest dem von Indern in Katanga aufgebauten Bergbauunternehmen Chemaf und einem lokalen Händler. Bei der Durchfahrt durch Likasi am 26. Oktober maßen Mitarbeiter des kongolesischen Exportkontrollamtes OCC darin eine Radioaktivität von bis zu 15 Mikrosievert pro Stunde, das ist ungefähr das Ausmaß der Verstrahlung der Wälder um das AKW Tschernobyl. Ob dieses "Kupfererz" für den Export bestimmt war, ist nicht klar, denn seit Jahresbeginn ist der Export unbehandelter Erze aus Katanga verboten. Spätestens bei der Erstverarbeitung wäre aber das Uran von den anderen Metallen separiert worden und wäre dann eine lukrative Handelsware gewesen.

Die Behörden verfügten die Entsorgung der Ladung am sichersten Ort, der ihnen einfiel: in der stillgelegten Uranmine Shinkolobwe. Aber der Weg dahin führt über den Mura-Fluss, und da hörte die Straße auf. So endete die Fracht im Fluss.

Uranförderung im Kongo darf offiziell nur mit präsidialer Sondererlaubnis erfolgen. Ein 2006 geschlossener Vertrag, der der britischen Firma "Brinkley Mining" das Exklusivrecht auf Kongos Uran zubilligt, wurde 2007 wieder aufgekündigt. Der Vorfall vom Mura-Fluss zeigt aber vor allem: Kongos neue Regierung hat ihre Exportkontrollen auf Mineralien verschärft - doch der Umgang mit den Rohstoffen entzieht sich weiterhin jeder Kontrolle.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.