Eintracht gegen Bayern: Offensivmaschine ins Stottern gebracht

Bayern-Vorstand Rummenigge ist sauer. Das 0:0 sei unverdient, da sich Frankfurt ohne Offensivspiel durchgewurschelt habe. Nicht ganz: Oka Nikolov glänzte als Schlussmann der Eintracht

Oka Nikolov: Gegen ihn hatten Toni und Ribéry am Samstag keine Chance : dpa

MÜNCHEN taz Die ewige Litanei vom Stoiker kann Oka Nikolov nicht mehr hören. Mal fehlt ihm angeblich der nötige Antrieb, mal ist die Ruhe, die der Torhüter von Eintracht Frankfurt auf dem Platz wie auch außerhalb ausstrahlt, genau richtig - so wie dieses Mal, zumindest meint dies Heribert Bruchhagen. Der Vorstandschef der Frankfurter jubilierte nach dem 0:0 beim FC Bayern München: „Die Bayern waren uns haushoch überlegen. Aber Oka, der Stoiker, ist wie gebacken für so ein Spiel.“ Es war als aufrichtiges Kompliment gemeint. Doch Nikolovs Reaktion war deutlich: „Ich habe es genossen heute. Aber ich bin nicht nur für so ein Spiel gebacken.“

Bayern München: Kahn - Lell, Lucio, Demichelis, Jansen - van Bommel, Zé Roberto (85. Podolski) - Altintop (67. Schweinsteiger), Ribéry (76. Schlaudraff) - Klose, Toni

Eintracht Frankfurt: Nikolov - Galindo, Chris, Russ - Ochs, Inamoto, Spycher - Preuß, Weissenberger (72. Köhler) - Takahara (82. Thurk), Amanatidis

Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf) - Zuschauer: 69 000 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Altintop (3) / Preuß (1), Inamoto (3), Chris (1)

Beste Spieler: van Bommel, Zé Roberto / Nikolov, Ochs

Nikolov verbringt seine mittlerweile 14. Profisaison bei der Eintracht. Seine Karriere erweist sich als ein ewiges Auf und Ab zwischen Stammplatz und Ersatzbank. Im Moment ist er wieder einmal nur zweiter Mann. Doch am Samstag musste Stammtorhüter Markus Pröll eine Grippe auskurieren. „Er war nicht beim Frühstück. Da habe ich mir gedacht, dass ich wohl spielen werde.“

Und Nikolov nutzte die Bühne. Mehrere der unzähligen Bayern-Großchancen parierte er spektakulär und wurde so zu einem von zwei Garanten der Frankfurter Abwehrleistung – und damit der gesamten Mannschaft, weil das Offensivspiel nicht existierte. Die laut offizieller Statistik fünf Torschüsse der Eintracht (gegenüber den 38 der Münchner) hatte außer den Statistikern niemand gesehen.

Der andere Leistungsträger war Chris. Der brasilianische Innenverteidiger machte gegen Bayern sein erstes Spiel nach mehr als einem halben Jahr Verletzungspause. Er strahlte trotz der 90-minütigen Daueranspannung im Anrennen der Bayern eine Ruhe aus, als habe er seine Verletzung in einem tibetanischen Kloster auskuriert. Angesprochen auf seine unzähligen klärenden Kopfbälle, griff er sich mit der Hand an den Hals, neigte den Kopf leicht gequält nach links und rechts und sprach: „Ich habe einen Krampf im Nacken.“

Die Bayern taten sich schwer damit zu akzeptieren, dass die Eintracht ihnen mit ihrer frechen Verweigerungstaktik den fest eingeplanten Sieg vermasselt hatten. Ihr jüngst noch so komfortable Vorsprung auf den zweitplatzierten Hamburger SV beträgt nun nur noch zwei Punkte. Die so hoch gelobte Bayern-Offensivmaschine hat in den vergangenen zwei Partien kein Tor mehr zu Wege gebracht, obwohl diesmal Franck Ribéry aufs Feld zurückgekehrt war. Dem Franzosen gelang jeodch kaum etwas. Das stets aufmerksame Duo Patrick Ochs und Christoph Preuß zeigte, dass es durchaus Wege gibt, Ribéry zu stoppen.

Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge betonte zwar, dass er keinen Grund sehe, nervös zu werden: „Meine Erfahrung als Kenner der Fußballmaterie sagt mir, dass es längerfristig entscheidend ist, überhaupt die Torchancen herauszuspielen.“ Aber doch schien er dieses Spiel als Majestätsbeleidigung verstanden zu haben. „Es war ein unverdientes Unentschieden. Aber ich habe hier diese Saison sowieso noch keinen offensiven Gegner gesehen.“

Hier irrte sich der Kenner allerdings. Just am vergangenen Mittwoch hatte Borussia Mönchengladbach es im Pokal mit einer Offensivtaktik versucht, war aber gescheitert. Eintrachttrainer Friedhelm Funkel: „Natürlich ist es dem FC Bayern lieber, wenn der Gegner mitspielt. Ich weiß noch: Vor zwei Jahren haben wir hier 5:2 verloren, und die Bayern haben gesagt: Super, tolles Spiel von uns.“

Auf die Vorwürfe der Bayern reagierte er deutlich: „Man muss sich auch mal die gegnerischen Mannschaften und deren Mittel anschauen. Mir haben sechs Stammspieler gefehlt.“ Nikolov ergänzte: „Es ist doch klar, dass man hier verteidigen muss.“ Er war sich bewusst, dass der Punktgewinn der Frankfurter nicht nur der eigenen Leistung zu verdanken war. Mit Blick auf Luca Tonis kläglich vergebene Chance nach 12 Sekunden, die vielleicht größte unter den vielen Gelegenheiten der Bayern, sagte Nikolov: „Wenn der reingeht, geht das auch schnell 5:0 aus. Man braucht das gewisse Glück.“

Diese Partie war eine besondere für Nikolov, aber nicht nur wegen ihres kuriosen Verlaufs und seiner Sonderrolle. Sicher hatte der 33-Jährige im Hinterkopf, dass seine Leistung auch eine Art Bewerbung war. Die Bayern suchen für die kommende Saison einen erfahrenen Ersatztorhüter hinter der dann neuen Nummer eins Michael Rensing. Auch Nikolovs Name wurde schon genannt.

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