NASA-Studie zur Flugsicherheit: Vogelschlag und Beinahekollisionen

Die NASA sieht sich mit Vertuschungsvorwürfen konfrontiert: Sie hat eine Umfrage unter Flugkapitäten unter Verschluss gehalten - obwohl sie erschreckende Sicherheitsmängel offenlegt.

Vielleicht doch besser von unten anschauen? Bild: ap

BERLIN taz Eine wissenschaftliche Studie der US-Weltraumbehörde NASA zur Sicherheit von Flugzeugen, die über mehrere Jahre unter insgesamt 24.000 Airline- und Privat-Piloten in dem Land durchgeführt wurde, ist von der US-Behörde als geheim klassifiziert worden, weil ihre Ergebnisse als zu beunruhigend für die Öffentlichkeit gelten.

Wie der US-Dienst der Nachrichtenagentur AP am Montag meldete, sammelte die NASA in einem anfangs mit 8,5 Millionen Dollar ausgestatteten Forschungsprojekt über insgesamt vier Jahre die Erfahrungswerte der Flieger. Sie wurden jeweils mehrfach telefonisch befragt. Ziel der Studie war es, den tatsächlichen Stand der Flugsicherheit zu erfassen, nachdem ein Ausschuss des Weißen Hauses dies 1997 empfohlen hatte.

Das Studienprojekt namens "National Aviation Operations Monitoring Service" (NAOMS) wurde vor einem Jahr allerdings eingestellt worden, nachdem es zu einer Veränderung bei der Budgetierung bei der NASA gekommen war. Seither versuchte unter anderem die Nachrichtenagentur AP, an die Ergebnisdaten heranzukommen. Dies gelang jedoch auch nicht mit Hilfe des Informationsfreiheitsgesetz der Vereinigten Staaten, das eigentlich freien Zugriff zu staatlich finanzierten Informationen gibt.

Thomas Luedtke, ein NASA-Manager, gab laut AP nur an, die Studie werde nicht veröffentlicht, weil sie "das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Airlines" und "die Gewinne der Fluggesellschaften" gefährden könnten. Erst vergangene Woche seien die mit der Durchführung der Studie beauftragten Vertragsfirmen von der NASA angewiesen worden, die Daten zu löschen, meldet die Agentur weiter. Die bekanntgewordenen Details sind dementsprechend mau: Insider gaben gegenüber US-Medien nur an, dass es beispielsweise mindestens zwei Mal so viele Schäden durch Vogelflug an Maschinen gäbe und auch die Anzahl an vermiedenen Kollisionen in der Luft deutlich höher sei, als die bisher bekannten Zahlen es besagen. Auch würden Berufspiloten viel öfter dazu gezwungen, kurz vor dem Anflug ihre Landemanöver zu verändern.

Vertreter des zuständigen Ausschusses des US-Repräsentantenhauses zeigten sich nach dem Bericht überrascht und zum Teil auch bestürzt. Man wolle den Vorfall unbedingt aufklären, hieß es in Washington. "Wenn die Informationen nicht freigegeben werden, widerspricht das der Mission der NASA, die Sicherheit und Effizienz der Flugzeuge zu erhöhen", schrieb der demokratische Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Brad Miller in einem Brief. Er wolle wissen, wenn die Airlines nicht sicher seien.

Die NASA wiegelte nach dem AP-Bericht zunächst ab. Die Studie sei vor allem dazu da gewesen, "Methoden zu entwickeln, Daten zu analysieren", nicht jedoch zur Auffindung der Daten selbst, sagte ein NASA-Sprecher gegenüber der New York Times. Man werde die Daten nun aber doch an eine Pilotengewerkschaft und eine Vereinigung aus Airlines und US-Flugbehörde FAA übergeben - vermutlich noch vor Ende des Jahres. Die FAA soll zu den Ergebnissen informiert worden sein, hat die Daten selbst jedoch nicht analysiert.

Allerdings sagte eine Sprecherin der New York Times, die Antworten der Piloten seien zum Teil nicht detailliert genug. Es sei beispielsweise schwer zu bestimmen, ob zwei Piloten über das gleiche Ereignis sprächen. Todd Curtis, ein früherer Luftfahrtanalyst bei Boeing, sagte gegenüber ABC News, die bestehenden Systeme, erfassten "nicht alle Ereignisse, die vorkommen". Die NASA-Studie könne deshalb mit ihren Interviews auch Dinge erfasst haben, die bislang nicht gemeldet wurden.

Bezogen auf die zurückgelegten Kilometer ist die Luftfahrt das sicherste Transportmittel, das die Menschheit heute besitzt. Die Anzahl schwerwiegender Unfälle war zuletzt zurückgegangen. Die Reaktionen unter US-Piloten und Passagieren auf die Vertuschungsvorwürfe gegenüber der NASA fielen dementsprechend gemischt aus. Einig waren sich jedoch die meisten Kommentatoren, dass die auch für die Weiterentwicklung der Luftfahrt zuständige Behörde sich mit ihrer Zurückhaltung keinen Gefallen getan hat. "Es scheint so, als ob die NASA nicht wüsste, was ihr Job ist", sagte der Politiker Miller.

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