Kommentar Wahlen in der Schweiz: Lohn der Angstkampagne

Die SVP hat mit ihrer Kampagne gegen alles Nicht-Schweizerische den Urnengang für sich entschieden. Das lässt für die Zukunft des Landes nichts Gutes erwarten.

Justizminister Christoph Blocher hat mit seiner rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) einen historischen Wahlsieg eingefahren, die Schweizer Sozialdemokratie eine ebenso historischen Wahlniederlage. Trotzdem schlagen die meisten Kommentatoren im In- und Ausland einen eher beruhigenden Ton an: Da die Grünen Stimmen dazugewannen, sei das Kräfteverhältnis zwischen Mitte-links und Mitte-rechts im Berner Parlaments nur geringfügig nach rechts verschoben worden, heißt es. Außerdem sei die SVP ja zur Durchsetzung ihrer Politik auf die Unterstützung von Abgeordneten anderer Parteien angewiesen.

Ähnlich lautete schon die Einschätzung, als die SVP bei den Wahlen vor vier Jahren zum ersten Mal zur stärksten Partei in der Alpenrepublik wurde und Blocher ultimativen Anspruch auf einen Regierungssitz für sich erhob. Viele glaubten damals, der Populist ließe sich entzaubern, wenn er erst einmal konkrete Regierungsverantwortung übernehmen würde. Welch eine unrealistische Erwartung! Denn die anderen Parteien, die in der Regierung vertreten sind, waren zu einer solchen "Entzauberung" Blochers entweder nicht willens oder nicht in der Lage. Das gilt für Liberale, Christliche Volkspartei und Sozialdemokraten gleichermaßen. Und die Grünen, die es - wenn auch zu spät und zu zaghaft - als Einzige versuchten, waren alleine viel zu schwach dafür. So konnte Blocher fast ungestört vier Jahre lang die Doppelrolle eines Regierungsmitglieds und eines oppositionellen Volkstribuns zugleich spielen.

Die Schweiz hat sich in dieser Zeit erheblich zum Negativen verändert. Wo es der SVP nicht zu Mehrheiten im Parlament langte, setzte sie sich durch Volksinitiativen, durch Rechtsbrüche des Ministers und durch eine Angstkampagne gegen alles Nichtschweizerische durch. Am deutlichsten sind die Folgen bislang in der Ausländer-, Flüchtlings- und Asylpolitik zu spüren, sie machen sich aber auch in der Umwelt-, und Verkehrspolitik bemerkbar. Es gibt leider überhaupt keinen Grund für die Annahme, dass Blocher und seine Partei ihren Kurs in den nächsten vier Jahren nicht weiter fortsetzen und verschärfen werden - und das, so steht zu befürchten, weiterhin mit Erfolg.

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Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

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