Vater-Sohn-Beziehung: Plötzlich war da ein Riss

Der Dramatiker Heiner Müller hat sich bis zum Tod seines Vaters Kurt Müller von ihm distanziert. Dabei war er ihm ein guter Vater, wie er auch später bekannte.

Heiner Müllers kritischer Blick auf den eigenen Vater wurde erst nach dessen Tod milder. Bild: dpa

Kurz vor seinem Tod 1992 hätte Heiner Müller gern noch einmal mit seinem Vater gesprochen. Um sich zu entschuldigen. Der Vater war ein Linker gewesen. Auch der Sohn verstand sich zeitlebens als Linker. Was hat die beiden dennoch getrennt? Die Antwort: vor allem der Stalinismus der frühen DDR.

1951 war Kurt Müller in die Bundesrepublik geflohen, seine Frau und sein jüngster Sohn folgten ihm. Sohn Heiner blieb im Osten, vollkommen einverstanden mit dem SED-Staat. Von Zeit zu Zeit, auch nach dem Mauerbau, konnte er die Eltern besuchen. Der Sohn konnte in seinem Vater lange nur einen saturierten Beamten sehen. Beschäftigt mit der Betreuung von "Versorgungsempfängern aus der früheren kaiserlichen Armee" im Regierungspräsidium Tübingen.

Für den Sohn war der Weggang des Vaters in den Westen ein willkommener Anlass, sich immer weiter vom Vater zu distanzieren. Der "Riss", der nach Heiner Müllers Empfinden während der Nazi-Zeit zwischen ihm und seinem Vater Kurt entstanden war, dehnte sich zum Abgrund aus, zumindest politisch. Damals hatte der Vater ihm einen hitlerfreundlichen Satz in einen Schulaufsatz diskutiert, in der Hoffnung, wieder Arbeit zu finden.

In der schärfsten Abrechnung, der Erzählung "Der Vater", geschrieben 1958, ediert jedoch erst 1977, im Todesjahr des Vaters, heißt es in eisiger Lakonie: "Er fand seinen Frieden in einer badischen Kleinstadt, Renten auszahlend an Arbeitermörder und die Witwen von Arbeitermördern." Diese Behauptung vom gefundenen Frieden ist reine Abwehr und gleicht einem ideologisch instrumentierten Verdrängungsversuch.

Übersehen hat Heiner Müller dabei, welches Drama sein Vater durchlitten hatte, als er Wiedergutmachung für die Leiden forderte, die ihm die Nazi zugefügt hatten.

Die komplette Geschichte über das schwierige Verhältnis Heiner Müllers zu seinem Vater erscheint am Samstag im Magazin der Tageszeitung. Am Kiosk.

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