Leichtathletin Marion Jones: Die Last der Lüge

Spätes Geständnis: Leichtathletin Marion Jones gibt zu, vor den Olympischen Spielen in Sydney gedopt zu haben. Jetzt droht ihr Gefängnis wegen Meineids.

Drei mal Gold, zwei mal Bronze gewann Jones 2000 in Sydney. : reuters

NEW YORK taz Tour de France Sieger Floyd Landis wusste nicht mehr weiter, als er im Juli 2006 positv auf Testosteron getestet wurde, und so versuchte er Rat und Hilfe zu finden, wo er nur konnte. Unter anderem rief er den früheren amerikanischen Tour-Sieger Greg Lemond an und fragte ihn, was er denn nun tun solle. "Wenn Du es getan hast, dann gestehe", riet ihm Lemond. "Du kannst auf die Dauer nicht mit einer Lüge leben, irgendwann holt sie Dich ein."

Landis' Lüge hat ihn noch nicht eingeholt, er streitet trotz seiner kürzlichen Verurteilung noch immer ab, gedopt gewesen zu sein. Eine andere große amerikanische Sportlerin hat es jedoch offensichtlich, so wie Lemond das Landis prophezeiht hat, nicht mehr mit ihren Lügen ausgehalten. Gestern hat die dreifache Olympiasiegerin Marion Jones vor einem Bundesgericht in New York zugeben, dass sie vor den Olympischen Spielen in Sydney Anabolika genommen hat. Jones wird im Zuge der noch immer laufenden Ermittlungen gegen den kalifornischen Nahrungsergänzungs-Vertreiber Balco vorgeladen, der neben Jones auch prominente Baseballer wie Barry Bonds, Gary Sheffield und Jason Giambi mit Anabolika und anderen kräftigenden Präparaten versorgte.

Die Anklage gegen Jones lautet auf Meineid, nachdem sie in mehreren Verhandlungen bis 2003 nachdrücklich bestritten hatte, jemals Dopingmittel eingenommen zu haben. Jetzt hat sich Jones jedoch eines besseren besonnnen.

Am Donnerstag wurde der Washington Post ein Brief zugespielt, den Marion Jones dieser Tage an enge Freunde und Verwandte verfasste. Darin entschuldigt sich die Olympiasiegerin dafür, "so viele Leute auf so viele Arten enttäuscht zu haben" und kündigte zugleich ihr Geständnis an. Sollte Jones bloß wiederholen, was in dem Brief steht, wird die einst schnellste Frau der Welt jedoch auch jetzt noch immer nicht zugeben, vorsätzlich mit Steroiden hantiert zu haben. In dem Brief behauptet Jones, ihr Trainer Trevor Graham habe ihr die nicht nachweisbaren Designer-Anabolika untergejubelt und behauptet, es handele sich dabei um Leinsamenöl. Erst später, nachdem Graham sie wiederholt darum gebeten hatte, niemandem von seinem "Nahrungsergänzungsprogramm" zu erzählen, sei ihr gedämmert, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zu gehe. Dass Jones wohl noch immer nicht die voll Wahrheit sagt, wird ihr allerdings nicht viel nützen. Sie wird wegen ihres Meineides aller Wahrscheinlichkeit nach für mindestens drei Monate hinter Gitter wandern müssen. Nach dem faktischen Dopinggeständnis werden ihr vermutlich außerdem ihre drei Gold-und zwei Bronzemedaillen von Sydney aberkannt werden.

Darüber, warum Jones ausgerechnet jetzt ihr bislang standhaftes Leugnen aufgibt, kann man nur spekulieren. Die Behauptung ihres ehemaligen Ehemannes, des Kugelstoßers C. J. Hunter, er habe Jones Epo injiziert, hatte sie bislang ebenso ungerührt gelassen, wie die Aussage des Balco-Betreibers Victor Conte, er habe sie vor den Olypmpischen Spielen 2000 mit Anabolika versorgt. Gerüchten zufolge steht Jones, die erst im Sommer zum zweiten Mal Mutter wurde, jetzt endlich zu ihren Dopingvergehen, weil sie nicht mehr weiter weiß: Angeblich geht ihr das Geld aus.

In der Euphorie über das Jones-Geständnis hoffen die Ankläger im Balco Prozess nun, endlich auch gegen Baseball-Superstar Barry Bonds weiterzukommen, der, wie Jones, behauptet, Leinsamenöl und nicht Steroide genommen zu haben. So lange Bonds' ehemaliger Trainer Greg Andersen, der Mittelsmann zwischen Bonds und Balco, nicht gegen seinen ehemaligen Schützling aussagt, ist dies jedoch unwahrscheinlich. Und Andersen sitzt nun schon 15 Monate im Gefängnis, um Bonds zu schützen. Wenn er bis Januar nicht redet, muss die Staatsanwaltschaft ihn wieder gehen lassen. Dass Bonds bis dahin wie Jones gesteht, ist angesichts der bislang demonstrierten Sturheit des Rekord-Schlagmanns unwahrscheinlich. Aber man weiß natürlich nie, wann einem Dopingsünder plötzlich das Leben mit der Lüge unerträglich wird.

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