Fliegen im Kongo: Nichts für Nervenschwache

Defekte Flugzeuge, marode Flughäfen, kaum Kontrollen - Flugreisen im Kongo sind ein Alptraum. Doch eine Alternative für Fernreisen gibt es nicht.

Festgefahrenes Flugzeug vom Typ Cessna Caravan Bild: dpa

BERLIN taz Als die Boeing der "Central African Airlines" im ostkongolesischen Goma Richtung Kinshasa startete, wurden die Fluggäste gebeten, sich im hinteren Ende der Maschine zu versammeln. Grund: Seit ein Vulkanausbruch 2002 die halbe Startbahn des Flughafens verschüttete, ist die Piste eigentlich nicht mehr lang genug für große Flugzeuge. Und wenn sie nicht schnell abheben, rasen sie direkt ins Stadtzentrum. Also müssen sie steiler in die Luft als üblich. Dass die von der Crew verlangte Gewichtsverlagerung mittels der Passagiere für diese nicht sehr komfortabel ist, relativiert sich später: Da gerät die Maschine über dem Urwald in einen Tropensturm, und das Kabinenpersonal rennt zum Übergeben nach hinten - ohne vorher den Getränketrolley zu sichern. Der verteilt seinen Inhalt dann alleine über die Sitzreihen.

Fliegen im Kongo ist nichts für schwache Nerven. Wasser im Passagierraum, lose herumhängende Verkleidungsteile, verdächtige Motorengeräusche und pannenanfällige Belüftungsanlagen gehören zum Alltag. Am gefährlichsten sind allerdings die Antonow-Frachtmaschinen aus der ehemaligen Sowjetunion, die zum Teil fast so alt sind wie der Kongo und mangels Ersatzteilen ebenso verfallen. 2003 starben 200 Menschen auf einem Fernflug von Kinshasa nach Lubumbashi, als hoch in der Luft die Türen einer Antonow herunterfielen und die Passagiere herausgesogen wurden. Wer dieser Tage Gomas Flughafen besucht, kann das Wrack einer Antonow-Maschine sehen, die dort bei der Landung am 7. September explodierte. Die fünfköpfige russische Besatzung war sofort tot, das Palmöl im Frachtraum brannte stundenlang.

Die meisten der mehr als 50 Fluglinien des Kongo fliegen ohne Lizenz oder ohne Kontrollen; dazu kommt das Fehlen einer funktionierenden Luftraumüberwachung. Es vergeht kaum ein Monat ohne einen mehr oder weniger schweren Flugunfall - meist beim An- oder Abflug auf Flugpisten, die diesen Namen nicht verdienen.

Aber in vielen Landesteilen gibt es keine andere Möglichkeit für Fernreisen als eine marode Antonow-Fluglinie. Als Kongos Regierung am 5. September ein Verbot von Passagierflügen in Antonow-Maschinen verfügte, kam es in entlegenen Städten des Landes zu wütenden Protesten, weil deren Bewohner sich nun von der Außenwelt abgeschnitten fühlten. Wieso darf die UNO weiter Antonow fliegen und wir nicht, hieß es. Der Verkehrsminister setzte eine Kommission ein. Laut Presseberichten ist der Kommissionsleiter ein Verwandter des Ministers mit einem abgelaufenen Pilotenschein. DOMINIC JOHNSON

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