Boxberger Kohlekraftwerk: Greenpeace harrt auf Baustelle aus

Greenpeace verdammt Braunkohle. Vattenfall wehrt sich: Der neue Block sei sehr viel effizienter als ältere Modelle. Abschalten will der Konzern seine alten CO2-Schleudern jedoch nicht.

Raum für Notizen. Bild: ap

Seit drei Tagen blockiert Greenpeace den Erweiterungsbau des Vattenfall-Braunkohlekraftwerks im sächsischen Boxberg. Gestern bemalten 20 Kletterer der Umweltorganisation die Außenseite des neu gebauten Kühlturms mit sieben Meter hohen schwarzen Buchstaben: "Stop CO2" steht nun dort geschrieben. "Wir markieren den Schlot, der künftig Millionen Tonnen des Klimagifts Kohlendioxid ausstoßen soll", sagte Greenpeace-Klima-Aktivist Karsten Smid der taz. Elf weitere Aktivisten besetzen seit Montag einen der Kräne auf der Baustelle. Zwei Nächte haben sie dort bereits in 75 Meter Höhe verbracht.

Vattenfall hatte im April mit den Bauarbeiten für den vierten Kraftwerksblock in Boxberg, den sogenannten Block R, begonnen. Der 800 Millionen Euro teure Bau soll ab 2011 Strom und Wärme liefern. Greenpeace verlangt nun von Vattenfall, den Bau zu stoppen. "Vattenfall-Chef Lars Göran Joseffson soll als Klimaberater der Bundesregierung persönlich Verantwortung übernehmen", so Smid. Als ersten Schritt fordert er ein Gespräch über Vattenfalls Klimapolitik.

Der Energiekonzern kritisierte die Blockade als kontraproduktiv: "Greenpeace will angeblich Klimaschutz - tatsächlich jedoch behindert die Organisation den Bau eines topmodernen Kraftwerkes, das ältere und damit weniger umweltfreundliche Kraftwerke vom Markt verdrängen wird", sagte Kraftwerksvorstand Reinhardt Hassa am Dienstag in Berlin. Vattenfalls Argument heißt Effizienz: Durch modernere Kraftwerkstechnik könne der gleiche Strom mit einem Drittel weniger Kohle produziert werden.

Tatsächlich dürfte Vattenfall jedoch mit mehr Kohle noch mehr Strom produzieren. Denn stillgelegt werden soll keiner der bestehenden drei Blöcke. Der Verbrauch von Braunkohle bei voller Auslastung steigt durch den Bau des vierten Blocks von 50.000 Tonnen auf 65.000 Tonnen pro Tag. Auf das Jahr umgerechnet entspricht das einem zusätzlichen CO2-Ausstoß von 4,4 Millionen Tonnen - so viel stößt zum Beispiel Costa Rica insgesamt aus. Für Greenpeace-Experte Smid ist Vattenfalls Klimaschutz-Argument daher eine "rein fiktive Rechnung". Die Investitionen sollten besser in erneuerbare Energien fließen.

Auch auf juristischem Weg wollen die Klimaschützer den Baustopp erzwingen. Am vergangenen Freitag stellten sie beim Regierungspräsidium Dresden einen Antrag auf Widerruf der Betriebsgenehmigung. Die Begründung: neue Erkenntnisse des UN-Forschergremiums IPCC zum Klimawandel. Dessen Bericht zeigte Anfang des Jahres, dass zum Schutz des Klimas der Ausstoß von Kohlendioxid weit drastischer verringert werden muss als bislang angenommen.

Braunkohle gilt als eine besonders klimaschädliche Energiequelle. Pro Kilowattstunde erzeugten Strom setzt sie deutlich mehr CO2 frei als Steinkohle, Öl und Gas. Der Energiekonzern Vattenfall ist jedoch von dieser Energie abhängig. Zwei Drittel des Vattenfall-Stroms stammen aus Braunkohle.

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