Guantánamo: Ein bisschen Rechtsstaat

Erstmals will das US-Verteidigungsministerium den 14 wichtigsten Gefangenen in Guantánamo den Zugang zu zivilen Verteidigern gestatten.

Demnächst auch für Anwälte zugänglich? Bild: dpa

Die US-Regierung hat den vierzehn mutmaßlich höchstrangigen Al-Qaida-Gefangenen, die im März diesen Jahres aus CIA-Geheimgefängnissen ins Gefangenenlager Guantánamo überstellt worden waren, erstmals Rechtsanwälte angeboten. Bislang hatten die Gefangenen lediglich Berater an ihrer Seite, die ebenfalls aus den Reihen der US-Militärs kamen. In der letzten August- und ersten Septemberwoche haben die Behörden nun nach Angaben der Zeitung Washington Post von gestern Vordrucke an die Gefangenen verteilt, mit denen sie entweder Verteidiger benennen oder die "American Bar Association", die US-amerikanische Anwaltskammer, um einen Pflichtverteidiger ersuchen können. Kammerpräsident William H. Neukom wies den Vorschlag allerdings zurück: Man wolle nicht, dass der Name seiner Organisation in dem Vordruck auftauche, denn man wolle ein so unzureichendes System nicht auch noch unterstützen und ihm Glaubwürdigkeit verleihen.

Die Verteidiger, so steht es auf dem Vordruck, sollen den Gefangenen zunächst lediglich dabei helfen, ihre Einstufung als "feindliche Kämpfer" anzufechten, aufgrund derer sie in Guantánamo einsitzen. Diese Bezeichnung ist, genau wie das Verfahren zur Einstufung der Gefangenen insgesamt, juristisch umstritten und hat der US-Regierung bereits mehrere juristische Niederlagen eingetragen, wann immer sich höhere Gerichte damit befasst haben. Nach wie vor werden die Menschen lediglich aufgrund einer zweifelhaften Einstufung als "illegale feindliche Kämpfer" jahrelang ohne Verfahren gefangen gehalten. Geändert hat sich daran im letzten Jahr lediglich, dass diese Einstufung in nichtöffentlichen Anhörungsverfahren bestätigt werden musste, statt einfach vom US-Präsidenten dekretiert zu werden. Durch eine ungewöhnlich erhellende unachtsame Bürokratie allerdings wurde allen Gefangenen lediglich bescheinigt, "feindliche Kämpfer" zu sein damit wären sie ordentliche Kriegsgefangene. Die Verfahren werden nun wiederholt.

Für die vierzehn Topgefangenen, darunter der von den USA als "Mastermind" des 11. September 2001 bezeichnete Khalid Sheikh Mohammed, würde die Aussicht, mit zivilen Verteidigern sprechen zu dürfen, den ersten Kontakt zu Zivilpersonen überhaupt seit ihren mehrere Jahre zurückliegenden Festnahmen und Verschleppungen in geheime CIA-Gefängnisse bedeuten.

Genau der Aufenthalt in CIA-Haftanstalten allerdings macht auch dem US-Justizministerium zu schaffen. Noch vor einem Jahr hatte das Ministerium gegen das Einschalten ziviler Rechtsanwälte Bedenken vorgebracht, weil die Häftlinge dann über die Umstände ihrer Gefangenschaft sprechen könnten. Das könnte "der nationalen Sicherheit extrem schweren Schaden" zufügen. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass die Gefangenen in den Geheimgefängnissen systematisch gefoltert wurden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.