Energieforscher Luhmann: "Welche Rechte hat der Netzverwalter?"

Der neue Verwalter der Stromnetze braucht starke Rechte, meint Hans-Jochen Luhmann vom Wuppertal Institut.

"Wir brauchen neutralen Zugang zu den Netzen": Braunkohlekraftwerk, Windräder, Strommasten Bild: dpa

taz: Herr Luhmann, wie beurteilen Sie die Vorschläge der EU-Kommission zur Entflechtung der Stromkonzerne?

Hans-Jochen Luhmann: Der Idealfall wäre es gewesen, Stromproduzenten und Stromnetzbetreiber eigentumsrechtlich zu entkoppeln. Ursprünglich wollte die Kommission genau das. In ihrem Vorschlag steht das so auch noch drin. Zusätzlich schlägt die Kommission jetzt aber einen "unabhängigen Systemoperator" vor...

...eine Art Netzverwalter...

...ja, und der erscheint mir nur mit sehr weitgehenden Rechten geeignet, die Probleme monopolisierter Stromnetze zu lösen.

Warum?

Wir wollen mehr Wettbewerb, und dazu brauchen wir neutralen Zugang zu den Netzen sowie deren Aus- und Umbau. Zentral sind also die Investitionsfragen. Deshalb ist entscheidend, welche Rechte dieser Systemoperator bekommt: Kann ein Systemoperator ohne Eigentumsrechte am Netz überhaupt in das Netz investieren? Ich meine: nur schwerlich. Man kann das Verfahren also erst endgültig bewerten, wenn solche Details bekannt werden.

Deutschland und Frankreich hatten nach Bekanntwerden der Brüsseler Pläne im Frühjahr heftigen Widerstand angekündigt. Ist der Systemoperator ein Zugeständnis?

Wir brauchen Wettbewerbsgleichheit, etwa der Erneuerbaren Energien gegenüber der fossilen Stromerzeugung. Derzeit ist diese nicht gegeben, weil in Deutschland vier große Stromkonzerne das Netz kontrollieren. Sie entscheiden nach ihrem Vorteil über Investitionen und führen enormen Profit ab. Wenn die Bundesregierung mehr Wettbewerb will, dann muss sie an einem Systemoperator interessiert sein, bei dem auch eigentumsgleiche Rechte liegen. Etwas anderes macht keinen Sinn.

Wie groß sind die Chancen, dass die Vorschläge der EU-Kommission nun umgesetzt werden?

Auch das ist offen. Natürlich gibt es jetzt ein Mitentscheidungsverfahren. Innerhalb des Rates gibt es zwei Lager: Diejenigen, die die eigentumsrechtliche Trennung wollen und zum Teil auch schon haben - zum Beispiel Spanien oder Großbritannien. Dagegen sind Deutschland und Frankreich. Es steht somit Spitz auf Knopf.

INTERVIEW: NICK REIMER

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