Polylux: Bauerfeind im Tita-Land

Im Netz war Katrin Bauerfeind sexy, witzig, ironisch und vielleicht ein wenig zu nett. Bei ihrer ersten Moderation im echten Fernsehen wurde der Schwäbin wahrlich nichts geschenkt.

Tita von ... äh ... Bauerfeind. Bild: dpa

Die arme Katrin Bauerfeind. Klar, sie hätte sich auch wehren können. Aber sie will Karriere machen. Da hat sie sich also ergeben und mitgemacht. Jemand hat sie frisieren lassen und schminken. Jemand hat ihr Texte aufgeschrieben und ihr gesagt, wie sie diese vortragen soll. Jemand bestimmte schließlich Katrin Bauerfeinds Pose im Studio und den Schnitt der Bilder, die sie bei ihrer ersten Polylux-Moderation zeigten. Jemand, der es nicht gut mit ihr meint.

Wir kennen Katrin Bauerfeind von ehrensenf.de, dem besten deutschsprachigen Internet-TV-Magazin. Dort wurde sie bekannt. Sie war sexy, sie war witzig, sie war ironisch, sie war geistreich. Am 22. Juni verabschiedete sie sich mit einem ganz persönlichen, etwas zu netten Abschiedsvideo. Da war sie bereits verlassen von ihren ehrensenf-Autoren und stand in Verhandlungen für einen neuen Job. Wir warteten darauf, wann der Start ihrer neuen, eigenen Sendung im echten Fernsehen verkündet würde.

Am späten Donnerstagabend sahen wir Katrin Bauerfeind dann wieder, im Ersten. Wir erkannten sie kaum. Eine fremde Macht hatte sich Bauerfeinds Körper und ihres Geistes bemächtigt. Ihr Blick war starr geworden und ihr Lächeln wirkte aufgesetzt, sie redete nur noch Blech und sah plötzlich ganz anders aus, irgendwie unheimlich. Es ist schrecklich, es auszusprechen: Katrin Bauerfeind sah aus wie Tita von Hardenberg. Zunächst dachten wir: Super, Katrin hat sich zum Auftakt als Tita von Hardenberg verkleidet. Klasse, wie sie die nachmacht. Eine wunderbare Parodie auf die hölzernste Fernseherscheinung seit Pinocchio. Aber die Parodie dauerte an. Bauerfeind nahm die Perücke nicht ab. Entsetzen machte sich breit: das war keine Perücke. Das war keine Hardenberg-Parodie, das war eine ernstgemeinte von Hardenberg-Imitation, inszeniert und choreografiert offensichtlich von Tita von Hardenberg selbst - und damit die einzig denkbare Möglichkeit, auf dem Bildschirm noch mieser rüberzukommen als das Original.

Das Original Tita von Hardenberg hatte sich eigentlich Ende Juni in die Babypause verabschiedet, wir wähnten sie für mindestens vier Monate gebannt. Das war ein Irrtum. Wie es aussieht, hat Katharina Isabel Habsburg-Lothringen, geborene Gräfin von Hardenberg, die Zügel nicht für eine Sekunde aus der Hand gegeben. "Leitung der Sendung: Tita von Hardenberg", steht im Abspann nach wie vor als erstes zu lesen. Das sendungsbegleitende Web-Portal polylog.tv leitet Tita von Hardenberg ebenfalls. Hier schreibt sie an den lieben Polylog-Besucher, dass sie bisher vergeblich versucht habe, den Arbeitsplatz zu verlassen: "Es passiert einfach zu viel." Tita von Hardenberg kann keinesfalls pausieren, weil sie ihre Vertretung überwachen muss. Der Rest der "E-Mail von Tita" lässt erahnen, wieviel Spaß es machen muss, für von Hardenberg zu arbeiten: Katrin Bauerfeind sei zwei Wochen lang nicht zu erreichen gewesen, habe noch eine Fähre verpasst und sei dann endlich eingetroffen. Daraufhin sei die Neue anstrengenden Studioproben, Fototerminen, Textarbeiten und "Fittings" unterzogen worden. Bauerfeind sei jetzt "nicht mehr ganz so entspannt", schreibt uns deren Chefin: "Die Hauptstadt hat der Schwäbin nichts geschenkt."

Unter diesen Umständen ist es erstaunlich, dass die erste Sendung nach der Polylux-Sommerpause abgesehen von der hardenbergiesken Moderation gar nicht schlecht geworden ist: die Beiträge, zuletzt weder witzig noch originell noch informativ, waren diesmal gelungen, weniger Berlin-zentriert, und der Verzicht auf die Verarschung ahnungsloser Passanten durch Carsten van Ryssen wirkte sich wohltuend aus. Das war die Überraschung des Abends: Polylux ist besser geworden. Nicht etwa, weil Katrin Bauerfeind jetzt moderiert - sondern obwohl sie das tut.

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