Rechter Millionär in Chile vorn

PRÄSIDENTSCHAFTSWAHL Den ersten Wahlgang entscheidet der Kandidat der Rechten, der Millionär Sebastián Piñera, klar für sich. In der Stichwahl tritt er gegen Expräsident Frei an

Wer auch immer der neue Präsident sein wird, hat im Kongress keine eigene Mehrheit

AUS BUENOS AIRES JÜRGEN VOGT

In Chile könnte am 11. März 2010 ein Rechter Präsident werden. Denn mit Sebastián Piñera hat der Kandidat des rechten Parteienbündnisses „Koalition für den Wechsel“ am Sonntag den ersten Wahlgang mit 44 Prozent der Stimmen deutlich gewonnen. Weil er aber die absolute Mehrheit verfehlte, muss der 60-jährige Multimillionär am 17. Januar noch in die Stichwahl. Dort trifft er auf den zweitplatzierten Eduardo Frei. Der Kandidat der regierenden Mitte-links-Koalition Concertación kam nur auf 29,7 Prozent. Jetzt hat die Rechte in Chile erstmals seit 1958 wieder gute Chancen, durch eine freie Wahl das Präsidentenamt zu erobern und damit auch erstmals wieder seit der 1990 beendeten Diktatur Augusto Pinochets.

Dritter wurde der unabhängige Kandidat Marco Enríquez-Ominami. Der Exsozialist kam auf 20,1 Prozent der Stimmen. Der Kommunist Jorge Arrate (68), der Kandidat der Linken erhielt 6,2 Prozent. Während Arrate schon vor dem Urnengang am Sonntag seine Anhänger dazu aufgerufen hatte, in der Stichwahl gegen den rechten Kandidaten und für Frei zu stimmen, gab Marco Enríquez-Ominami auch nach seinem Ausscheiden überhaupt keine Empfehlung ab. Im Gegenteil, der sichtlich enttäuschte 36-Jährige bezeichnete am Wahlabend Piñera und Frei als Rückschritt in die Vergangenheit. „Beide stehen nicht für Veränderung, Hoffnung und die Zukunft“, so Enríquez-Ominami. Dass Piñera in die Stichwahl einziehen wird, war vorhergesagt worden. Beantwortet ist seit Sonntagabend die Frage, gegen wen er dabei mit welchem Vorsprung antreten wird. Für den 67-jährigen Christdemokraten Frei, der 1994 bis 2000 schon einmal Staatspräsident war, dürfte es schwer werden, den 14-Prozent-Rückstand aufzuholen.

Viele der Anhänger Arrates haben nicht vergessen, dass unter Freis Präsidentschaft der in London festsitzende Exdiktator Pinochet nach Chile zurückkehren konnte. Und die Mehrzahl der Anhänger Enríquez-Ominami plagt ein allgemeiner Überdruss nach 20 Jahren Regierung der Concertación. Wegen der Wahlpflicht könnten die ungültigen Stimmen den letzten Ausschlag für Piñera geben.

Dass es dennoch am Sonntag keinen größeren Rechtsruck in dem Andenstaat gab, zeigen die Ergebnisse der gleichzeitigen Kongresswahlen. Im künftigen 120-köpfigen Abgeordnetenhaus hält die Rechte 58 Mandate, lediglich 4 mehr als vor vier Jahren. Für die Concertación ziehen 57 Abgeordnete ein, darunter erstmals drei kommunistische Abgeordnete. Fünf Sitze gehen an unabhängige Kandidaten.

Ähnlich ist das Ergebnis bei der Wahl zum Senat. Hier entfallen von den 18 neu zu bestimmenden Sitzen jeweils neun auf die Rechte und die Concertación. Wer immer am 11. März Nachfolger der beliebten sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet wird, die zunächst nicht mehr antreten darf, wird im neuen Kongress keine eigene Mehrheit haben.

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