Afghanistan-Konzept: Hindukusch-Einsatz soll ziviler werden

Mit neuem Konzept will die Regierung skeptischen Abgeordneten überzeugen, für ein längeres Bundeswehrmandat zu stimmen. Ob es nun auch mehr Entwicklungshilfe geben wird, ist unklar.

Bild: dpa

BERLIN taz Die Bundesregierung will heute ihr neues Afghanistan-Konzept verabschieden. Darin soll schwarz auf weiß festgehalten werden, was mittlerweile Konsens bei allen Parteien ist: Der zivile Wiederaufbau muss in den Vordergrund rücken.

Dennoch betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern schon im Vorfeld der Kabinettsitzung, dass der Militäreinsatz wichtig bleibe. Ohne militärische Kraft sei der zivile Aufbau nicht zu schaffen. "Das ist die Wahrheit, und mit der müssen wir uns auseinandersetzen."

Bisher gibt Deutschland für den zivilen Aufbau des Landes jährlich 100 Millionen Euro aus. Diese Summe soll 2008 auf 125 Millionen Euro aufgestockt werden. Der Militäreinsatz kostet die Bundesrepublik weit mehr. Mit 70 Millionen Euro pro Jahr schlägt alleine der Einsatz der sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge zu Buche. Hinzu kommen 450 Millionen Euro für den Einsatz von etwa 3.000 Bundeswehrsoldaten im Rahmen der Schutztruppe Isaf. Darüber hinaus kostet die Teilnahme an der Antiterrormission OEF 74 Millionen Euro. Insgesamt beträgt das Verhältnis von militärischen zu zivilen Kosten damit 5 zu 1.

Dieses Ungleichgewicht ist ein Grund, weshalb viele Bundestagsabgeordnete der Verlängerung des Tornado-Einsatzes und des OEF-Mandats skeptisch gegenüberstehen. Mit dem neuen Afghanistan-Konzept will die Regierung zweifelnde Parlamentarier auf ihre Seite ziehen. Ihr Ziel ist es, in den Abstimmungen Mitte Oktober und Anfang November im Bundestag möglichst große Mehrheiten für die Verlängerung der Mandate zu erzielen. Im März dieses Jahres musste die Regierung mit ansehen, wie selbst in der Regierungsfraktion SPD ein Drittel der Abgeordneten gegen den Tornado-Einsatz stimmte.

Noch ein weiteres Zugeständnis macht die Regierung den Skeptikern. In dem Konzept heißt es, Deutschland wolle sich im Kreise der Nato-Partner "dafür stark machen, noch konsequenter auf die Vermeidung ziviler Opfer hinzuarbeiten". Vor allem die Grünen hatten gefordert, dass Deutschland bei den Verbündeten mit Nachdruck einen Strategiewechsel in Afghanistans Süden einfordern soll.

Das 19-seitige Afghanistan-Papier entstand in Zusammenarbeit von Auswärtigem Amt, Entwicklungs-, Verteidigungs- und Innenministerium. Als nächstes wird das Konzept dem Bundestag zugesandt. Es geht darin neben der Marschrichtung für die Bundeswehr auch um eine Bilanz der letzten sechs Jahre. Zur Dauer des Einsatzes stehen darin keine konkreten Zahlen. Ebenso fehlen messbare Kriterien, wann der Einsatz als beendet gilt.

Der deutsche Einsatz soll nach dem Willen der Bundesregierung so lange fortgesetzt werden, bis die afghanischen Behörden "aus eigener Kraft" für die Sicherheit im Land sorgen können. Ein vorzeitiger Abbruch des Afghanistan-Engagements werde die Bevölkerung erneut einem Schicksal überlassen, "an dessen Ende Unterentwicklung, Bürgerkrieg und Schreckensherrschaft stehen".

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