Admiralspalast: Ein Leuchtturm des Vergnügens

Vor einem Jahr wurde mit großem Pomp die Wiedereröffnung des Admiralspalastes gefeiert. Noch immer ist das Haus eine Baustelle -für Betreiber Falk Walter ein Quell der Freude

Teil des Vergnügens: Luftgitarre im Theatersaal Bild: AP

"Ist schön geworden, nicht?" Falk Walter steht im Foyer des Admiralspalastes und strahlt. Stolz wie ein Vater präsentiert er sein Baby, das gerade ein Jahr alt ist - und ganz schön groß geworden.

Vor genau einem Jahr, am 11. August 2006, als der Admiralspalast an der Friedrichstraße mit Brechts Dreigroschenoper wieder eröffnete, musste das Premierenpublikum noch durch eine Baustelle laufen. Heute bedecken makelloses Pflaster und die pflanzenumwachsene Bestuhlung des italienischen Restaurants "San Nicci" den Innenhof. Die Treppe, die sich hinauf bis in den dritten Rang windet, strahlt in einem schimmernden Dunkelgrau mit dem in Rot gehaltenen Foyer um die Wette, auf der Bühne probt eine Tanzcompagnie.

"Es wächst und gedeiht", sagt Walter auf dem Weg in den vierten Stock, wo in den Räumen des historischen Herrenbads ein schneeweißes Designerfoyer die Augen blendet. "Drei Spielstätten, drei Bars. Und alles innerhalb der veranschlagten Baukosten." Walter kann sich einen triumphierenden Unterton kaum verkneifen.

Nicht wenige hatte ihn für größenwahnsinnig erklärt, als er 2003 das leerstehende Traditionstheater kaufte. 14,5 Millionen Euro kostet der denkmalgerechte Umbau des einstigen Vergnügungstempels und späteren DDR-Operettentheaters zum "kulturellen Leuchtturm".

1998 war das dortige Metropoltheater unter abenteuerlichen Umständen geschlossen worden. Seither galt das 1910 erbaute große Haus an der Friedrichstraße als komplizierter Fall: marode, riesig, schwer zu bespielen.

Das Baustellenchaos bei der Wiedereröffnung, in den Medien ausgebreitete Zerwürfnisse zwischen Betreiber und Künstlern und die verheerenden Kritiken für die Brecht-Inszenierung von Klaus Maria Brandauer schienen den Kritikern des Großprojekts recht zu geben.

Doch Falk Walter hält an seiner Idee fest: den Admiralspalast wieder zu einem Amüsiertempel für alle zu machen, wie in den Goldenen Zwanzigern, als die Massen zu Revue, Tanz und Badespaß strömten. Obwohl von ursprünglich vier Mitgesellschaftern nur noch einer übrig ist und obwohl eine Schadensersatzklage des Dreigroschenoper-Produzenten Lukas Leuenberg gegen ihn läuft. Walter ist weder pleite noch demoralisiert, sondern voller neuer Pläne für dieses Haus, dessen Faszination er offensichtlich mit Haut und Haaren erlegen ist.

"Ich wünschte, er würde sich nicht um jeden Kleinkram kümmern", stöhnt seine Assistentin, während der Bauherr und Betreiber eigenhändig eine Plane im Hof entfernt, auf der ein seiner Ansicht nach unpassender Werbespruch steht.

Wenig später entdeckt er im Vorbeigehen ein mit weißer Farbe überstrichenes Ornament in Form eines Reiters. "Wie süß, das soll sich gleich die Restauratorin ansehen."

Wahrscheinlich ist es gerade diese Kombination aus kindlicher Begeisterung und Detailversessenheit, die den Admiralspalast heute ganz respektabel dastehen lässt. Über 80 Prozent des Hauses sind inzwischen fertiggestellt, das Grand Café zur Friedrichstraße hat Roland Mary, Betreiber des Promirestaurants "Borchardt", gemietet. Die drei Spielstätten, der Große Saal, das Studio und das Foyer 101, erreichen nach Angaben Walters eine durchschnittliche Auslastung von 70 Prozent, dabei halten sich Eigen- und Fremdproduktionen die Waage.

Die krude anmutende Mischung aus Sixt-Firmenfeier, japanischer Trommelrevue, Improvisationstheater und Kabarett ist nicht gerade eine kulturelle Erleuchtung - aber ökonomisch offbenbar der richtige Weg: "Das Haus ist nicht weit davon entfernt, sich selbst zu tragen", sagt Walter.

Fertig ist der Palast aber noch lange nicht, ständige Nachbesserungen und Korrekturen gehören zum Tagesgeschäft. Geschmacksverirrungen werden korrigiert, wie die Gestaltung des Foyer 101, das mit gebohnertem Lineoleum und braunem Blasenmuster an der Wand an eine Siebzigerjahre-Mehrzweckhalle erinnert. Eine Idee des Architekten, die "so doch nicht funktioniert". Walter wird sie durch eine neue ersetzen lassen.

Ein weiterer Irrtum sei die Außentreppe zum Untergeschoss. Sie raube Platz im Innenhof und soll nach innen verlegt werden. Manches aber wendet sich auch zum Guten: Die Stabilierung des Zwischenbodens unter dem ehemaligem Herrenbad kostete statt der befürchteten 5 nur 1,4 Millionen Euro. "Da hab ich einen Freudentanz gemacht", sagt Walter und hüpft leichtfüßig voran ins ehemalige Damenbad - sein nächstes Baby.

In den hohen Räumen mit ihren majestätischen Rundbögen soll bald wieder geplantscht werden - unisex und ganz modern. Walter hat den Badeschiff-Architekten Gil Wilkes mit dem Entwurf einer vertikalen Saunalandschaft beauftragt, Wellnessbuchten sollen sich bis zur Decke erstrecken. Als Krönung ist eine Panoramaterrasse vorgesehen, mit 360-Grad-Blick über Berlin-Mitte.

Noch erinnern freilich nur einzelne Mosaikreste und die Umrisse eines Bassins im Boden an die Badevergangenheit. Doch zwei Restauratorinnen puzzeln den Wandschmuck aus 47 Kisten voller Originalmajoliken und Kacheln zusammen, die bei einem Umbau in den Achtzigerjahren von der Denkmalpflege gerettet wurden.

"Wir haben noch ein Stück Weg vor uns", sagt sogar der optimistische Bauherr. Vor dem Bad soll im Herbst erst mal die Fassade zur Planckstraße in neuem Glanz erstrahlen, samt einem Eingang zur Absinth-Bar, die als Teil des neuen Clubs für verruchtes Zwanzigerjahre-Ambiente sorgen soll. Der Club soll als multifunktioneller Raum für Konzerte, Partys und Fremdveranstaltungen richtig Kasse machen.

Denn Walters Visionen sind noch lange nicht am Ende. Schon bald, so stellt er sich vor, soll der Admiralspalast wieder zu einer glitzernden Verheißung werden, wie in den 20er-Jahren, als Tausende von Glühbirnen an der Fassade Besucher anlockten wie Motten das Licht. Eine zeitgemäße Variante, bunte LED-Anzeigen, die den Innenhof beleuchten und unter den Schritten der Gäste die Farbe ändern, hat ein Multimediadesigner eigens am Computer entwickelt. Ein ungeheuer teures Projekt, für das bisher die Finanzierung fehlt - und auch ein bisschen größenwahnsinnig. Aber das ist genau die richtige Kragenweite für dieses überdimensionale Haus und den Mann, der damit spielt, als hätte er nichts zu verlieren.

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